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1. Wissenswertes aus der Zeit Leonardos
Erfindungen:
1451: Erster Buchdruck Gutenbergs
1490: Erfindung des farblosen Glases
1497: Die Tabakpflanze erreicht Europa
1500: Gebrauch von Bleistiften
1465: Druck von Musiknoten
1502: Die erste Taschenuhr wird erfunden.
Florentiner Politik:
Die Herrscher von Florenz, die Medici, fördern Kunst und Wissenschaft und machen die Stadt zu
einem wichtigen Zentrum der Renaissance. Lorenzo De`Medici, genannt „il magnifico“, unterstützt
Verrocchios Werkstatt mit Aufträgen und empfiehlt Leonardo an den Hof der Sforza nach Mailand
weiter. Leonardo über die Medici: „Die Medici haben mich groß gemacht und zugrunde gerichtet.“
Zeitgenossen:
Andrea del Verrocchio besitzt eine der berühmtesten Kunstwerkstätte (Bottegas) in Florenz. Er
nimmt Leonardo in die Lehre.
Lehrlinge üben sich in den ersten Lehrjahren im Herstellen von Pinseln, anmischen von Farben und
im Umgang mit Blattgold.
Übliche Pinsel werden aus Hermelin Schwanzhaaren und stärkere aus Schweineborsten gefertigt.
Inquisition:
Hexen werden für Unwetter, Viehsterben und Krankheit verantwortlich gemacht.
Oft werden sie der Wasserprobe unterzogen:
Ertrinkt die gefesselte Angeklagte, ist sie unschuldig. Kann sie aber schwimmen, steht sie mit dem
Teufel im Bunde und wird verbrannt.
Das Ziel der Inquisition ist die Verurteilung von Ketzern, nicht die Feststellung von Schuld oder
Unschuld.
Konfliktbewältigung:
Krieg gehört im Italien der Renaissance zum Alltag, entweder gegen fremde Eindringlinge oder
auch untereinander. Die meisten Stadtstaaten werben lieber fremde Truppen an als die eigenen
Bürger in endlosen Kämpfen zu opfern.
Machiavelli führt später ein Volksheer ein, wobei ein Großteil der Soldaten vom Land kommt.
Entdeckungen:
Am 3 August 1492 sticht Christoph Kolumbus mit drei Karavellen in See. Im selben Jahr erreicht er
die Bahamas, Kuba und Haiti. Die „Neue Welt“ ist entdeckt. Kolumbus stirbt in dem Glauben, den
westlichen Seeweg nach Indien gefunden zu haben.
Die Entdeckung Amerikas kostet 2 Millionen Maravedis das durchschnittliche Monatseinkommen
eines spanischen Herzogs.
1521 reist Magellan in 1.100 Tagen um die Welt. Er beweist damit auch, dass die erde eine Kugel
ist.
Rivalität zweier Künstler:
1504 sollten zwei Wandbilder im Palazzo Vecchio in Florenz gemalt werden. Eine Wand von
Leonardo, die gegenüberliegende von Michelangelo-beide Werke bleiben unvollendet.
Die beiden Männer haben ein äußerst gereiztes Verhältnis zueinander.
Michelangelos Vater über den berühmten Sohn: „Ein besserer Steinmetz, das ist alles, was er ist,
mein Sohn; ein besserer Steinmetz.“
Politisches Manifest:
1513schreibt Niccolo Machiavelli sein Hauptwerk „Il Principe“ („Der Fürst“).
Darin entwickelt er die Theorie eines Autonomen, weltlichen Machtstaates, in dem die Religion der
Staatsräson untergeordnet ist.
Zuvor ist er 14 Jahre lang Staatssekretär in Florenz und verliert die Wahl zu dem für Befestigungen
verantwortlichen politischen Beamten. Sein Gegenkandidat war Michelangelo.
Unterhaltung:
1471 erscheint der erste Druck von Giovanni Boccaccios „Dekameron“, eine Sammlung von
Geschichten, die zehn junge Adelige, auf der Flucht vor der Pest, auf einem Landgut einander
erzählten. Das Dekameron ist ein Buch über die Kunst des Lebens und ein Kaleidoskop der
menschlichen Leidenschaften, satirisch und frivol. Für Hermann Hesse ist es das „erste große
Meisterwerk europäischer Erzählkunst“.
1472 wird die „Göttliche Komödie“ von Dante Alighieri zum ersten Mal gedruckt. Die gleichnishafte Wanderung durch Hölle, Fegefeuer und Paradies ist die berühmteste Jenseitsreise der Weltliteratur. Nach Scheitern seiner eigenen Projekte verlegt sich Dante auf das Amt eines politischen Kritikers und beklagt den desolaten Zustand Italiens.
Zeitgenossen:
1477 stirbt Vlad Dracul. Er sollte 400 Jahre später Bram Stoker zu seiner Romangestallt „Dracula“
inspirieren. Er ist gefürchtet für die Grausamkeit gegenüber seinen Feinden.
In Frankreich widmet sich der Arzt Nostradamus der Bekämpfung der Pest. Als seine Praxis schlecht geht, beginnt er seine Visionen aufzuschreiben und wird zu einem der berühmtesten Hellseher der Geschichte.
Mathematik: 1489 werden erstmals die mathematischen Zeichen ´Plus´ und ´Minus´ verwendet. Für große Zahlen werden die Begriffe ´Million´, ´Billion´ und ´Trillion´ eingeführt. Luca Pacioli ist Lehrer und Freund Leonardos. Er erbringt Bahnbrechende Leistungen auf dem Gebiet der Mathematik.
Renaissance:
Die Renaissance bringt eine der größten Umwälzungen, die die Menschheit bis dahin erlebt hat.
Eine Zeit, die Riesen braucht und Riesen hervorbringt:
Riesen an Denkkraft, Leidenschaft, Charakter, Vielseitigkeit und Gelehrtheit.
Das ideal ist ein allseitig gebildeter, nicht auf ein Fach beschränkter Mensch:
Der „umo universale“.
Kirche:
1517 tritt Martin Luther öffentlich gegen den Ablasshandel (Geld gegen Sünden) auf. Seine 95
Thesen, die er an die Schlosskirche von Wittenberg schlägt, führen zur Reformation und zur
Spaltung der Amtskirche in die evangelische und katholische Kirche. 1521 übersetzt Luther die
Bibel ins Deutsche.
Schönheitsidealen:
In der Renaissance formt dich ein neues weibliches Schönheitsideal: kleiner Mund, langer Hals,
goldenes Haar, Ausgezupfte Brauen, Porzellanhaut und kunstvolle Frisuren. Das auffälligste
Merkmal ist die hohe Künstlichkeit. Zudem gilt äußerliche Schönheit als Zeichen innerer
moralischer Vollkommenheit.
Medizin:
Ein drittel aller Kinder stirbt im ersten Lebensjahr an Grippe, Masern oder Unterernährung. Die
Lunge gilt als Herzkühlender Schwamm, die Leber als Quelle des Harns, die Muttermilch als
zurückgehaltenes Menstruationsblut. Pest, Lepra, Syphilis und Malaria sind die Geißeln der Zeit.
Die Medizin steckt noch in den Kinderschuhen, so wird z.B. Syphilis mit Quecksilber behandelt.
Architektur:
1503 entschließt sich Papst Julius II. zum Neubau des Petersdoms. Nach Raffaels Tod übernimmt
Michelangelo die Bauleitung.
Die Rivalität zwischen den beiden ist so groß, dass Michelangelo einige von Raffael bereits
ausgeführten Teile wieder abbrechen lässt. Die Einweihung erfolgt 1626, also nach 123 Jahren.
Weitere 40 Jahre benötigt man noch für die Fertigstellung der Inneneinrichtung.
2. Leonardo der Mensch
2.1. Einleitung
Leonardo da Vinci, dieser Name steht hauptsächlich für die Malerei. In dieser Projektarbeit werden
wir ihnen sein Leben und seinen Werdegang näher bringen. Wir werden beschreiben, wie Leonardo
seinen Weg zum Künstler, Denker und zum Universalgenie (uomo universale, wie er zum ersten
Mal von Vasari bezeichnet wurde) vollzieht. Wobei man seinem Meister und Ausbilder Verocchio
einen großen Beitrag zu Leonardos geistige und künstlerische Formung zuschreiben muss. Von ihm
lernte er nicht nur Malen, Bildhauern und die Verfahren um Statuen zu Giesen, sondern auch das
erstellen der, für ihn so wichtigen, Skizzen. Diese Skizzen verwendete er nicht nur für seine
Vorbereitung zur Malerei die er meistens aus der Natur übernahm, sondern mit ihnen hält er auch
seine Gedanken zu seinen Erfindungen und Verbesserungen fest.
Aber auch die für Maler und Künstler so wichtigen Gönner, ohne die sie nicht überleben hätten
können, sind sehr wichtig für Leonardo. Von ihnen bekommt er auch teilweise Werke angeboten,
die ihn noch berühmter gemacht hätten, die er aber aus verschiedenen Gründen nicht verwirklichen
konnte. Ein Grund dafür ist seine Unbeständigkeit durch verschiedene Ideen die sich in Leonardos
Kopf befinden. Unter dieser Unbeständigkeit und der daraus folgenden Abneigung verschiedener
Menschen gegen ihn, hatte er teilweise sehr zu leiden.
Trotz alledem war er für seine Zeit wegweisend, so erfand er die malerische Perspektive,
verschiedene Flugobjekte sowie viele andere Fortbewegungsmittel wie das erste „Auto“ und das
erste Fahrrad (welche aber bald wieder in Vergessenheit gerieten und teilweise erst 200 Jahre später
wieder erfunden wurden). Seine Arbeiten in der Anatomie, gepaart mit seiner Art alles detailliert
aufzuzeichnen waren revolutionär und haben die Verständnisweise des menschlichen Körper
erheblich verbessert. Seine großartigen Werke und seine geniale Art ist es, die Vasari, welcher der
Freund von Leonardos Erzrivalen Michelangelo war, veranlasst einige Lobenswerte Beurteilungen,
auf die sich einige der heutigen Biographien berufen zu schreiben.
2.2. Chronologischer Lebenslauf
1452: Am 15. April wird Leonardo in Anchiano, bei Vinci, als unehelicher Sohn der Bäuerin Caterina und des Notars Ser Piero geboren.
1457: Laut einer Steuerurkunde des Großvaters lebt er mit seinem Vater und dessen Frau bei den Großeltern.
Erste Florentiner Periode
1469: Seine Familie zieht nach Florenz. Leonardo beginnt in der Künstlerwerkstatt von Verrochio zu arbeiten.
1472: Mit zwanzig Jahren wird Leonardo Mitglied der Malerzunft San Luca.
1473: Eine Landschaft ist Leonardos erste signierte Zeichnung. Er malt einen Engelskopf von Verrocchios Gemälde Taufe Christi.
1476: Leonardo wird der Homosexualität beschuldigt. Die Anklage wurde durch Mangel an Beweisen fallengelassen.
1478: Leonardo bekam den Auftrag für ein Altarbild in der Kapelle San Bernardo. Er beginnt das Portrait der Ginevra de´ Benci.
Erste Mailänder Periode
1482: Leonardo bewirbt sich bei Ludovico il Moro, dem Herzog von Mailand. Es wird vermutet, dass er das Bildnis eines Musikers und die Dame mit dem Hermelin gemalt habe.
1483: Leonardo unterzeichnete den Vertrag für die Felsengrottenmadonna. Er beginnt mit den Studien über die Reiterstatue des Condottiere Francesco Sforza.
1484: Leonardo befasst sich mit der Architektur und entwirft Pläne für Fortbewegungsmittel, wie beispielsweise seine Flugmaschinen.
1491: Leonardo nimmt den zehnjährigen Gian Giacomo als seinen Schüler bei sich auf.
1493: Das Modell der Reiterstatue wird im Hof des Mailänder Schlosses aufgestellt.
1495: Leonardo beginnt mit dem Abendmahl.
1498: Leonardo wird zum herzoglichen Baumeister ernannt.
1499: Leonardo verlässt Mailand, weil Ludwig XII von Frankreich die Lombardei einnahm.
1500: Aufenthalt in Mantua, wo er von Isabella d´Este beauftragt wird ein Porträt zu malen.
Zweite Florentiner Periode
1503: Rückkehr nach Florenz. Beginn mit der Schlacht von Anghiari im Wettstreit mit Michelangelo. Laut Aussagen von Vasari hat Leonardo mit der Mona Lisa und der Leda mit dem Schwan begonnen.
1504: Leonardos Vater stirbt.
Zweite Mailänder Periode
1507: Rückkehr nach Mailand. Leonardo wird zum Maler und Ingenieur von Ludwig XII ernannt.
1510: Leonardo arbeitet an mechanischen Entwürfen und anatomischen Zeichnungen.
Römische Periode
1513: Reise nach Rom. Leonardo arbeitet unter anderem für den Papst Leo X.
1515: Leonardo malt vermutlich das Gemälde Johannes der Täufer. Ludwig XII stirbt und nachdem sein Nachfolger Franz I Mailand zurückerobert, kehrt auch Leonardo wieder zurück.
Französische Periode
1516: Reise nach Frankreich auf Einladung von Franz I.
1519: Leonardo lässt sein Testament aufsetzen. Er stirbt am 2. Mai und wird in Amboise begraben.
2.3. Ausführlicher Lebenslauf
Leonardo da Vinci wurde am 15.04.1452 in einem kleinen Dorf namens Anchiano nahe der
kleinen Stadt Vinci in der Toskana geboren. Er war der uneheliche Sohn des angesehenen Notars
Piero di Antonio (der selbst aus einer angesehenen und wohlhabenden Notar Familie stammt) und
einer Bäuerin namens Catherina. Leonardo ist ein „Bastard“ und im selben Jahr seiner Geburt
heiratet sein Vater noch ein sechzehnjähriges Mädchen namens Albiera Amadori, die eine große
Mitgift mit in die Ehe bringt, da sie aus bester Bürgerschicht kommt. Seine Mutter heiratet kurz
darauf den Bauern Acattabriga di Piero del Vacca aus der Gegend. Leonardo ist ein unehelich
geborenes Kind und somit wieder der Religion, doch trotzdem wurde er auf drängen seines
Großvaters feierlich getauft. Dies war begünstigt durch die damalige Zeit, in der selbst Päpste
uneheliche Kinder hatten und gerade ein großer Umbruch stattfand.
Leonardos Erziehung und sein Aufwachsen entsprach nicht gerade der Norm der damaligen
Gepflogenheiten. So wurde er im Alter von fünf Jahren seiner Mutter weggenommen und von
seinem Großvater bzw. seiner Stiefmutter aufgezogen, die selbst kinderlos blieb. (Wobei sich die
Bücher darüber widersprechen, ob er vom Großvater oder seiner Stiefmutter aufgezogen wurde.) Es
ist zwar anzunehmen, dass Leonardo von ihnen wie ein eigener Sohn geliebt wurde, doch er war
sehr sensibel und erfuhr so manche seelischen Schläge. Dies war der Auslöser, weshalb Leonardo
Trost in der Natur suchte. Die Natur spielt in Leonardos Leben eine sehr wichtige Rolle. Immer
wieder sucht er die Nähe zu ihr und beobachtet seine Umwelt sehr genau. Sie inspiriert ihn immer
wieder, wie z.B. der Vogelflug, den er später versucht zu kopieren. Seine präzise Beobachtungsgabe
und seine malerische Begabung hilft ihm dabei seine Inspirationen umzusetzen.
Drei Jahre nach dem Tod seiner Stiefmutter 1465 wird Leonardo (1468) in die „bottega“ (das
Atelier) des Bildhauers und Malers Andrea di Francesco di Cione (besser bekannt als Verrocchio
1435-1488) gebracht. (Wobei die Angaben über die Jahreszahl nicht genau nachvollziehbar sind.
Einige behaupten, dass es im Jahre 1468 war und andere behaupten, es wäre im Jahre 1469
gewesen.)
Veranlasst wurde dies durch Leonardos dominanten Vater, der sich Profit aus der Ausbildung
seines Sohnes zum Maler versprach. Auf diese Idee kam Ser Piero, nachdem er Leonardo einen
Schild eines seiner bediensteten Bauern zur Bemalung brachte. Mit diesem Schild beschäftigte sich
Leonardo ganz besonders intensiv. Zuerst ließ Leonardo den plumpen Schild von einem Drechsler
verfeinern und gleichmäßig formen. Danach grundierte er es und überlegte sich eine passende
Bemalung dafür. Von verschiedenen Insekten und anderen Tieren, wie Fledermäuse, Eidechsen
usw. ließ er sich inspirieren und formte daraus ein grässliches Untier welches er auf den Schild
malte. Dieses Untier, dass er aus einem zerschmetterten Felsen kommen ließ, malte er mit
vergiftetem Atem, Feuer in den Augen und Rauch aus den Nasenlöchern. Das Untier, verfehlte
seinen Zweck bestimmt nicht, alle Gegner, die diesen Schild sehen würden, würden vor Furcht
zusammenzucken. Als sein Vater dieses Gemälde auf dem Schild sah, war er zutiefst beeindruckt.
Doch anstatt den Schild dem Bauern wieder zurückzugeben, verkaufte er ihn heimlich an Kaufleute
aus Florenz für 100 Dukaten, welche ihn dann wieder für 300 Dukaten an den Herzog von Mailand
weiterverkauften. Dem Bauern kaufte der Vater einen anderen auf dem ein von einem Pfeil
durchschossenen Herz aufgemalt war. Ser Piero war überzeugt, dass man aus diesem Talent seines
Sohnes Profit schlagen könnte und beschloss daher, ihn nach Florenz zu schicken.
Leonardos Gefährten im Atelier waren Sandro Filipepi (genant Botticelli), Pietro Vannucci (genant
Perugino), Lorenzo di Credi, Domenico Ghirlandai und Francesco Botticini.
Die Ausbildung in einem Atelier war zu jener Zeit eine lange Geduldsprobe, da ein
Neuankömmling nicht gleich zum Pinsel greifen durfte um zu malen. Ein Lehrling verbrachte
mindestens ein Jahr damit, Arbeiten für seine Gefährten vorzubereiten. Dazu gehörten z.B. Farben
anzurühren und das Säubern von Utensilien wie Pinsel. „Und gemäß der mittelalterlichen Tradition
konnte die Lehrzeit sechs oder sieben Jahre betragen. Wie seine Mitschüler wird Leonardo nach
und nach mit schwierigeren Aufgaben betraut, wie beispielsweise das Übertragen von Kartons auf
die zu bemalenden Untergründe. Vielleicht übt er sich im Malen von Faltentwürfen oder anderen
weniger wichtigen Teilen. Denn erst, wenn er seine Fachkenntnisse unter Beweis gestellt hat, wird
ein Lehrling zum Gehilfen seines Meisters und darf dann nach der Vorlage von Skizzen oder unter
Anweisung des Meisters ein ganzes Gemälde ausführen.“1 Doch wenn man der Überlieferung von
Vasari glauben darf, so hat Leonardo schon nach kurzem Aufenthalt im Atelier an der „Taufe
Christi“ mitarbeiten dürfen. Er malte, nachdem ihn sein Meister eingeschätzt und beurteilt hatte,
den linken Engel in dem Bild, was ungewöhnlich und eine sehr große Ehre war.
Nachdem Verrocchio diesen Engel gesehen
hatte, so sagt die Geschichte, hätte er nie
wieder einen Pinsel angefasst, da er diesen
Engel von Leonardo für so vollkommen
gehalten hatte. Doch dies ist wohl eher eine
Legende, denn woher hätte Leonardo denn
so gut Malen gelernt? Einige Kritiker
glauben, dass dieses Bild aus dem Jahre
1472 stammt. Zu dieser Zeit hatte
Leonardo schon 2 Lehrjahre hinter sich und
einem so begabten Schüler wie ihm ist es
zuzutrauen, dass er zu diesem Zeitpunkt
seinen Meister übertreffen kann.
Verrocchio, der sowieso die Bildhauerei
und Metallarbeiten vorzog, konnte es auch
nur recht sein, dass er einen Gehilfen
gefunden hat, der ihm die Arbeit an der
Staffelei abnahm. So ist zu vermuten, dass
Leonardo sich um die Aufträge der
Gemälde kümmerte, die das Atelier
erhalten hat, sowie die leitende Stellung im
Atelier übernahm. Dies könnte mehrer
Gemälde aus den Jahren 1472 – 1477
erklären, die meist ihm zugeschrieben werden wenn es denn wirklich so war. Doch die moderne
Forschung ist sich in dieser Frage nicht einig, da zu viele Einflüsse von anderen Malstielen mit
eingeflossen sind“.
Maler waren in dieser Zeit auch nicht besonders gut angesehen. Ohne ihre Spender und Gönner
konnten sie kaum überleben. Für die Mäzene war ein Maler auch nur ein Diener, der auf Bestellung
arbeitete.
„1472 tauchte Leonardos Name im Register der Malerzunft San Lucia auf. Hier ist zu lesen:
„Leonardo di Ser Piero da Vinci dipintore.“ Er ist gerade zwanzig Jahre alt und könnte nach
Zahlung der Abgaben an die Gilde seine eigene “bottega” einrichten.“ Da Leonardo kaum das
nötige Geld besaß, zog er es vor, trotz seiner abgeschlossenen Lehre weitere vier Jahre im Atelier
von Verrocchio zu arbeiten, wo er für immer wichtigere Arbeiten zuständig war.
1476 schafft Verrocchio eines seiner schönsten und faszinierendsten Werke: Die Statue des David
(David gegen Goliath). Die gut gebaute Statue mit angenehmer Größe stellt nach Meinung einiger
angesehener Personen Leonardo dar. Dies ist womöglich gar nicht so unglaubhaft, da Verrocchio
natürlich ein Modell für seine Statue brauchte und Leonardo war wohl sein bestaussehendster
Schüler. „Er wird als sehr klein mit einem Kranz aus blonden Locken, blauen Augen und einem
sehr athletischen Körper beschrieben. Und zu einer Zeit, in der es gut war, sich in lange und dunkle
Gewänder zu hüllen, stellte man Leonardo stets als in der Mode tonangebend mit kurzen Kleidern
dar, die fast immer in diesem orange angehauchten Rosa gefärbt sind, das das Geheimnis der
Fassade in der Toskana und der Lombardei ausmacht. “
Im Jahr 1476 wurde Leonardo und drei seiner Mitschüler der Unzucht mit einem Modell namens
Jacopo Saltarelli und einem bekannten Prostituierten beschuldigt (8.4 und am 7.6). Diese
Beschuldigungen wurden in Form eines anonymen Briefes in einem Briefkasten für Anzeigen
eingeworfen. Natürlich gab es keinen Beweis. Und ohne jegliche Zeugenaussage, die die
Stichhaltigkeit der Anklage hätte beweisen können, wird die Angelegenheit innerhalb von zwei
Monaten zweimal vor Gericht gebracht. 3 Sie erregt in Florenz großes Aufsehen. Als allerletztes
Mittel wendet sich Leonardo an Bernardo di Simone Cortigiano, eine einflussreiche Persönlichkeit
bei den Florentiner Zünften: „Sie wissen, dass ich ihnen bereits gesagt habe, dass ich kaum
Freunde besitze!“ 4 Dank dem Eingreifen der Familien der anderen Angeklagten und Verrocchios
selbst wird Leonardo unter dem Vorbehalt guter Führung entlassen. Er ist gerade noch einmal
davon gekommen: Einige Jahre später wird dieselbe Anklage in Florenz ohne weiteren Prozess mit
der Todesstrafe belegt, da der unnachgiebige Savonarola urteilt, dass alle Homosexuellen verbrannt
werden müssen. Ob Leonardo wirklich homosexuell war, wurde niemals bekannt, so wie auch über
sein gesamtes Liebesleben nichts bekannt ist, denn nach dieser Affäre zieht er es vor, seine
Privatsphäre zu verbergen. „Er war sicher niemals verheiratet! Er hat sicher nie Kinder gehabt!
Und man weiß nichts von einer Geliebten! Und aus den schönen androgynen Menschen, die er so
gerne malte, kann jeder folgern, was er will.“
„Manche sind der Meinung, dass die Affäre Saltarelli, die so plötzlich die Aufmerksamkeit einer
ganzen Stadt auf diesen stolzen und sittsamen jungen Mann lenkte, die ihn zwang, sich einem
polizeilichen, äußerst quälenden Verhör zu unterziehen, und ihn eine Gefängnisstrafe befürchten
ließ, vielleicht eine Art Phobie ausgelöst und eine Hemmung geschaffen hat, die er nie wieder
ablegen konnte. Doch dies ähnelt nur zu sehr den vergeblichen Spekulationen, die versuchen, die
Psyche einer Ausnahmeerscheinung, die aufgrund ihrer Einzigartigkeit zu unbequem ist, auf etwas
völlig Durchschaubares zu reduzieren.“
1477 verlies Leonardo das Atelier seines Meistern Verrocchio, zum einen durch den Drang selbständig zu werden und zum zweiten, wegen der Saltarelli Affäre. Nun steht er alleine und ohne Geld da, dafür mit ein paar guten Adressen und guten Empfehlungen. Er stellte schnell fest, wie und wo er sich vorstellen musste, um sich Türen zu öffnen.
“Im darauf folgenden Jahr erhält Leonardo nach hartem Ringen den Auftrag für den Altar der
Kapelle San Bernando im Palazzo Vecchico in Florenz.“ „Doch außer ein paar Zeichnungen, die
man diesem Projekt zuschreibt kam nichts zustande.“
Zwei Gemälde von der Jungfrau Maria, die ihm zugeschrieben werden – die Benois-Madonna und
die Madonna mit der Vase – stammen wahrscheinlich aus dieser Periode. Doch Leonardo
vermischt in seinen Bildern unverkennbar seinen eigenen Stiel mit dem Stiel, den er bei seinem
Meister im Atelier gelernt hat. Er weiß genau, was er seiner Ausbildung und seinem ehemaligen
Meister zu verdanken hat.
Wobei sich die Kritiker nicht einig sind, ob die Madonna mit der Nelke nicht noch aus der Zeit in
Verrocchios Atelier stammt. Vasari schreibt über das zweite Werk: “Leonardo malte eine ganz
hervorragendes Madonnenbild, das später in den Besitz von Papst Clemens VII. gelangte. Unter
anderem enthielt dieses Bild eine mit Wasser gefüllte Glasvase und Blumen darin, ein Wunderwerk
an Treue, die Tauperlen auf den Blütenblättern waren so natürlich wiedergegeben, dass sie
wirklicher erschienen als in der Wirklichkeit.“
Dieser Vasari, von dem die meisten Überlieferungen von Leonardo stammen, war eigentlich ein
Freund von Leonardos Erzrivalen Michelangelo. Doch angesichts der großartigen Werke und dem
großen Ansehen Leonardos warf Vasari seine Parteilichkeit über Bord und beschrieb ihn so:
„Die Himmel lassen oft die reichsten Gaben auf menschliche Wesen herabregnen; doch zuweilen
verleihen sie mit verschwenderischer Fülle einem einzigen Menschen Schönheit, Anmut und
Begabung, so dass er alles, was er tut und jede seiner Handlungen so göttlich ist, dass er alle
anderen Menschen überragt und deutlich sichtbar macht, wie diese Größe das Geschenk Gottes
und nicht eine Errungenschaft menschlicher Kunst ist. Die Menschen sahen dies in Leonardo.“
Der Auftrag den Leonardo 1481 vom Kloster San Donato über die „Anbetung der Könige“ übernahm, spiegelt Leonardos Unbeständigkeit wieder. Dieser Auftrag wurde der damaligen Gepflogenheiten von Leonardos Vater ordnungsgemäß aufgesetzt. Im Auftrag war festgelegt, dass der Maler bis in 24 Monaten das Werk fertig zu stellen hat, wofür ein Drittel einer vom Kloster vermachten Erbschaft als Bezahlung vereinbart wurde. Nachdem Leonardo eine Anzahlung für Farben und Material nach Abschluss des Vertrages erhalten hatte, verlangte er nach kurzer Zeit noch einen Vorschuss vom Kloster, welcher sich auf 28 Dukaten belief. Man könnte fast behaupten, dass er das Kloster nur ausgenutzt hat, denn nach dem er von Juli bis September auch noch Holz, Mehl und Wein erhalten hat, versprach er sich zu beeilen, doch das Werk blieb unvollendet.
1483 siedelt der Künstler, vermutlich nach Einladung des dortigen Herrschers Ludovico Sforza und
mit einem Empfehlungsschreiben seines ersten Gönners (Lorenzo il Magnifico), den er gerade (in
Florenz) zurückgelassen hat, nach Mailand. Es wird vermutet, dass Leonardo kurz vor seiner
Abreise nach Mailand einen Brief an Ludovico Sforza geschickt hat. Der Brief enthielt mehrere
Angaben über Neuerungen und Verbesserungen, die er dem Herrscher anbieten wollte. Die meisten
seiner Aufzählungen handeln von Kriegsgeräten wie z.B. schwere-und leichte-Belagerungswaffen,
transportierbare Brücken, Panzerwagen aber auch von Verbesserungen im Architektursektor die bei
dem damaligen Herrscher von Mailand bestimmt nicht auf taube Ohren gestoßen sind, denn er war
für alle technischen Wagnisse aufgeschlossen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass es damals
eine kriegerische Zeit gewesen war.
Leonardo, der es aus den Florentiner Jahren gewohnt war, mit wenig Geld auszukommen, erfuhr in
Mailand ein ganz anderes Leben. Er fürchtete dort keine Armut mehr, sondern genoss ein sorgloses
Leben am Hofe, der 200 Bedienstete umfasste. „Oft durchstreifte er die Marktflecken und Dörfer
auf der Suche nach Personen, nach „Gesichtern“ für seine Bilder; in den Herbergen, am
Straßenrand, überall, wo dies für ihn möglich ist, skizziert er sie augenblicklich. Oder wenn er
weder Papier noch Bleistift hat, eilte er in sein bescheidenes Atelier zurück, wo er sie aus dem
Gedächtnis zeichnet, wobei er immer auf außergewöhnliche Weise die geheimen Konturen der
Seele jedes einzelnen aufdeckt:“ 1 Doch die Malerei war für ihn zu diesem Zeitpunkt nur noch
nebensächlich, denn eigentlich wollte er sich nur noch auf die Ingenieurskunst und auf seine
Erfindungen konzentrieren. Hierbei kann er natürlich auf die Fähigkeiten, die er bei seinem Meister
Verocchio gelernt hat zurückgreifen. Er befasst sich viel mit Zahnrädern und Übersetzungen. Er
baut unter anderem eine Presse, einen mech. Grill und einen automatischen Wagen „für den
Transport von Menschen“ und eine „Viola“ die bereits einer Violine ähnelt. Angesichts des
Werkzeugmangels dem er ausgesetzt war, baute er sich eine eigene Bohrmaschine und eine
Lötlampe.
Zu dieser Zeit tauchen auch 1485 Leonardos erste Zeichnungen über den Bau einer Flugmaschine
auf. Jedoch schlägt er aus Gründen der Sicherheit, wie in seinen Aufzeichnungen zu lesen ist, einen
Testflug über einer Wasseroberfläche vor. Seine Vielfältigkeit spiegelt sich auch darin wieder, dass
er eine Sonnenfinsternis beobachtete und eine Methode entwickelte, diese zu betrachten, ohne sich
die Augen dabei zu verbrennen. Mit der Erfindung einer Maschine, mit der man Nadeln in hoher
Stückzahl herstellen konnte und mit seinen Zeichnungen von Webstühlen hoffte er den Textilmarkt
zu revolutionieren. Doch seine Unbeständigkeit lässt dieser Hoffnung keine Chance. Zu dieser Zeit
war Leonardo in einer Art Arbeits-und Erfindungswahn, der durch nichts zu bremsen war, selbst
Misserfolge und Abweisungen spornten ihn eher zur Arbeit an. Unter anderem entwarf er
Stadtpläne mit unterirdischem Abwassernetz, um die Stadt Mailand zu sanieren, jedoch hatte er
wohl kaum Einfluss auf die damaligen Bauunternehmungen der Stadt.
Der eigentliche Grund warum Ludovico Sforza Leonardo nach Mailand bestellt hat, war wohl, dass
er ein Reiterbild seines verstorbenen Vaters, aus Bronze gegossen, herstellen lassen wollte. Zur
damaligen Zeit kamen nur 2 Werkstätten in ganz Italien dafür in Frage. Die eines gewissen
Pollaiuolos und die des Meisters Verocchios. Pollaiuolo bekam den Auftrag zwar, aber er konnte
nur 2 Skizzen dafür anfertigen und da Verocchio gerade mit einem anderen Auftrag beschäftigt war,
war Leonardo die nächste Wahl, da er der begabteste und beste Schüler seines ehemaligen Meisters
war. Doch an eine aufwändige Bronze Figur war nicht zu denken, da Ludovico Sforza bis 1484
einen Krieg mit Venedig führte. Dies würde auch den Brief erklären, in dem Leonardo seine
Kriegsingenieurkunst anpries. Doch die erste Nachricht die
es über Leonardos Arbeit in Mailand gibt, handelt davon,
dass er an einem Altar arbeitete. Als der Krieg zu Ende war,
wurde Mailand von 1484 bis ca. 1486 von einer
Pestepidemie heimgesucht, die 50.000 Menschen das Leben
kostete. Wahrscheinlich fing Leonardo kurz nachdem die
Pest vorüber war mit der Arbeit an der Sforza-
Reiterbildstatue an. Sein Tonmodel für die Reiterstatue war
überall wegen seiner überragenden Größe nur als der
„colosso“ bekannt. Der Mathematiker Luca Pacioli
berichtete 1497, dass dieses Pferd ca. 7 Meter vom Huf bis
zur Mähne hat. Die Größe ist weniger von Leonardo als eher
von seinem Auftraggeber schriftlich festgelegt gewesen,
„das Standbild solle die absolute Macht und Autorität der
Sforza – Dynastie verkörpern und diese Merkmale durch ein
beherrschendes und grandioses Bild ihres Gründers
ausdrücken.“ 4 Mit diesem Projekt hätte Leonardo alles bis
dahin da gewesene übertroffen. Der Aufwand, der damals
betrieben wurde, war riesig aber es ist ungewiss, ob ihm dieses Werk gelungen wäre, denn
Leonardos Erfahrungen mit gegossenen Figuren hielten sich in grenzen. Die Arbeiten an diesem
Werk wurden nach ca. 10 Jahren eingestellt und Ludovico sandte die Bronze wahrscheinlich seinem
Schwager Ercole d`Este nach Ferrara zur Herstellung von Kriegskanonen, da sich dieser gerade im
Krieg befand. Zu dieser Zeit beendete er auch seine Arbeit an der „Felsgrottenmadonna“, die er
im Auftrag der Bruderschaft der Unbefleckten Empfängnis in Mailand malte. Bei diesem Bild stellt
man einen Umschwung in Leonardos Malstil fest, der sich evtl. durch die Arbeit an der Reiterstatue
erklären lässt. (Der Maßstab wird größer und die ätherische Stimmung und die Fragilität seiner
früheren Bilder verschwinden.)
Leonardos Ansehen und seine Berühmtheit stiegen drastisch mit den Hochzeitsfeierlichkeiten, die
er für die Hochzeit des Sohnes des Herzogs von Mailand, Gian Galeazzo Sforza mit Isabella von
Aragon vorbereitete. Für diese Feierlichkeiten die im Frühjahr 1489 stattfanden wandte er seine
gesamte Energie auf und sah darin eine Herausforderung. Dementsprechend war auch der Erfolg.
Für die Festlichkeit „il Paradiso“ die am 13 Januar 1490 stattfand, hat Leonardo seine gesamte
Kunst und Technik aufgeboten. Unter anderem ließ er bewegliche Figuren tanzen und Loblieder auf
die Familie Sforza singen, so wie die Sternzeichen und die 7 Planeten erscheinen. „Ludovico Sforza
und der gesamte Hofstaat blieben lange im Zauber dieses göttlichen Zaubers gefangen….Und dies
war für den Meister aus Vinci wie eine erste und herrliche Krönung. Denn nun weiß es die ganze
Welt: Leonardo kann alles. Malerei, Architektur, wunderbare mathematische Berechnungen, die
die Metall-oder Steinmassen in Bewegung versetzten, die bis dahin niemand zu bewegen wagte.“
Aus dieser Zeit stammen 2 Bilder von ihm. Das einzige Männerportrait das ihm zugeschrieben
wird, dass wahrscheinlich Franchio Gaffurio, den Kapellmeister des Mailänder Doms zeigt und das
Bild der „Dame mit dem Hermelin“ (Abbildung 11), welches das Bildnis von Cecilia Gallerani
(der 17 Jährigen Mätresse von Ludovico il Moro) ist.
In den Jahren 1489 – 1513 unternahm er mehrere Obduktionen von Leichen um den Aufbau des menschlichen Körpers herauszufinden. Vom damaligen Herrscher in Mailand bekam er die ausdrückliche Genehmigung zum Sezieren von Leichen, was Leonardos Ansehen in der Öffentlichkeit nicht gerade diente. Es waren so manche Gerüchte im Umlauf, z.B. dass er nach Tod röche und dass er mit menschlichen Überresten in seiner Praxis lebe. Doch seine Wissbegier was den menschlichen Körper betrifft, war so groß, dass er unvermindert weiterarbeitete. Die Arbeit an den Leichen stellte sich für ihn ziemlich schwierig dar, da eine Leiche angesichts des Klimas in Italien ziemlich schnell zu verwesen begann. Angesichts dessen und auch wegen neugieriger Bürger musste er seine Obduktionen im kühlen und feuchten Keller vornehmen. Trotz alledem war diese Art von Arbeit bestimmt nicht angenehm. Er musste um Zeit zu sparen und um mehr von den Leichen zu erfahren schnell arbeiten, was bedeutete, dass er die Nächte durcharbeitete. Die schwere Arbeit und die Müdigkeit zehrten an seinem Nervenkostüm. Er leidet unter den Geräuschen, denen er im Gestank des feuchten Kellers, verursacht von Instrumenten, mit denen er Knochen zersägte oder zerbricht ausgesetzt ist. Doch seine genaue und aufschlussreiche Arbeit lohnte sich. Nicht nur, dass seine Zeichnungen und seine Bilder durch das genaue Wissen über den Aufbau des menschlichen Körpers viel genauer und präziser waren als alles bis dahin bekannte, sondern auch die Medizin profitierte von seinen genauen Zeichnungen über Organe, Muskeln und Knochen.
Veranlasst von Gerichten, die ihn aller möglichen Teufeleien anklagen, ohne ihn jedoch jemals den
Zorn der Inquisition spüren zu lassen, behaupten manche, dass er für ein paar Jahre in den Orient
gereist war.
Sie stützen sich auf fragwürdige Briefe, die Leonardo an Freunde geschickt haben soll. Wohl eher
war es eine Erfindung dieses bewundernswerten Mannes, der fern von „Prunk“ und „Verfolgung“
seine Ruhe suchte. Die Jahreszahlen über seine angebliche Reise gehen sehr weit auseinander und
alleine aus dem Widerspruch darüber, dass andere Angaben darüber schreiben, dass er genau in
diesen Jahren Aufträge annahm oder abschloss lässt vermuten, dass er diese Reise niemals
unternommen hat. Wiederum andere Quellen vernachlässigen diese Reise komplett. In den Briefen,
die er geschrieben hat, beschreibt er den Orient und Asien, jedoch ist anzunehmen, dass er seine
Erfahrungen nur aus Büchern hat, die er gelesen hat, denn er hasste nichts so sehr wie lange Reisen
und unbekannte Abenteuer.
Z.B. schreibt er über einen Riesen, ähnlich der Geschichte von
Gulliver in Lilliput, der versucht hat, sich von seinen zahlreichen und winzigen Gegnern zu
befreien.
Als Leonardo 1490 sehr einsam war und auf dem Land herumspazierte begegnete er einem zerlumpten aber sehr schönen Knaben, der gerade mit Kohle das Bild einer Ziege malte, die er zu hüten hatte. Von diesem Kind ist er so gerührt, dass er glaubt einen Engel zu sehen. Er adoptiert den 10 Jährigen Salai oder Salaino, wie er ihn nennen wird (das bedeutet der kleine Teufel) als seinen Sohn, da der Vater des kleinen Hirten sehr arm und froh war, dass er seinen Sohn ziehen lassen kann. Endlich hatte Leonardo jemanden gehabt, dem er seine ganze Zärtlichkeit widmen konnte. Der kleine Schlingel sollte Leonardo aber des Öfteren in Verlegenheit bringen, da er ihn und auch andere bestielt was, Leonardo in seinen Aufzeichnungen festhielt. Doch Leonardo ist nach kurzem Zorn immer wieder schnell nachsichtig mit ihm und überhäuft ihn mit Geschenken, ohne dass jemals etwas darauf hinwies, dass Leonardo ein pädophilies Interesse an ihm gehabt hätte. Zwischen 1495-1497 beschäftigte sich Leonardo hauptsächlich mit dem „Letzten Abendmahl“. Im darauf folgenden Jahr vermacht ihm der im Sterben liegende Ludovico (der seit Sept. 1498 nicht mehr Herzog war) einen kleinen Weinberg und gutes Land. Daraufhin stellt Leonardo zufrieden fest, dass er nun im Besitz von 218 Dukaten ist.
Doch zu seinem Unglück fiel die Stadt Mailand 1499 an die Franzosen (bzw. Ludwig XII). Aus
diesem Grund verließ Leonardo im Dezember desselben Jahres die Stadt und ging nach Venedig,
wo er als Militäringenieur tätig war, da die Venezianer ihrerseits einen Angriff der Türken
befürchteten. Leonardo machte sich ans Werk und entwickelte teilweise utopische Pläne von
Unterseeboten und Taucheranzügen, sowie den Plan, den Wasserlauf des Isonzos durch Schleusen
im Ernstfall zu erhöhen, um die Region um Venedig leicht zu überschwemmen. Die Ideen, die von
den Venezianern nicht für zu abwegig gehalten wurden, wurden auch bald realisiert. Leonardo
könnte sich zwar in Venedig niederlassen, aber er hat große Sehnsucht nach Florenz.
Ab 1500 hält sich Leonardo in Begleitung von Salai wieder in der Stadt der Blumen auf. Florenz
hat seinen einstigen Sohn vergessen, der früher einmal der beste Schüler Verocchios war. Florenz
hat nun seine eigenen Maler und Ingenieure. Leonardo hat keine Arbeit und wird in Florenz nicht
sonderlich großzügig empfangen. Er flieht oft in die Toskana, die ihm Kraft und Mut gibt. Er hätte
zwar ein Angebot von Isabelle d`Este aus Mantua gehabt aber er wollte nicht als Hofmaler arbeiten.
Laut der Aufzeichnungen lässt er Isabelle d`Este aus Mantua ausrichten, dass er schon beim
Anblick eines Pinsels außer sich gerät. Doch Leonardo stellt sehr schnell fest, dass es die Malerei
ist, die ihn berühmt gemacht hat und deshalb nimmt er doch wieder einen Malauftrag an. Dieser
Auftrag war zuerst an Filippo Lippi vergeben worden. Aus den Überlieferungen geht jedoch hervor,
dass Leonardo in etwa so was geäußert hätte, als hätte er diesen Auftrag gerne gemacht. Als Filippo
dies mitbekam, zog er sich zurück und der Auftrag der „Bettelmönche“ ging an Leonardo über. Für
dieses Bild lässt er sich sehr viel Zeit. Dieses Bild, aus dem später die „Heilige Anna Selbdritt“
hervorgeht, stellt er erst einige Jahre später unter der Obhut der französischen Königs Ludwig XII
fertig. Somit gelangt es nie zu dem Mönchen zurück.
Im Frühjahr 1502 stellt sich Leonardo in den Dienst des Cesare Borgia, der ein junger und brutaler
Abenteurer war. Für ihn bereist er viele Befestigungsanlagen, die er als Militäringenieur untersucht
und verbessert. Dank seiner genauen und zahlreichen Skizzen und Reisezitate ist dieser Weg durch
ganz Mittelitalien gut nachvollziehbar. Als Leonardo wieder zurück in Florenz ist, hat er den Plan,
Florenz über einen Wasserweg mit dem Meer zu verbinden, um es zu einer richtigen Hafenstadt
umzufunktionieren. Da dieser Plan auch die heftigen Überschwemmungen verhindern sollte, welche
die tiefer gelegenen Ebenen heimsuchten, sollte Leonardo mit der Realisierung dieses Planes
beauftragt werden. Leider kam es, zu Leonardos Verbitterung, niemals zur Realisierung, da Florenz
ein Krieg mit Pisa drohte.
1503 kam es zu einer Art Duell zwischen Leonardo und seinem Erzfeind Michelangelo. Eingefädelt
wurde dies von Piero Sonderini (dem damaligen Regent von Florenz), der Leonardo am 18.
Oktober 1503 mit einem großen Fresko für den Saal des Palazzo Vecchio beauftragte. Um die
damalige “Situation am besten auszunutzen und von der Rivalität zwischen Leonardo und
Michelangelo zu profitieren, wollte die Florentiner Signoria die beiden an einen illustren und
feierlichen Ort in Wettstreit setzen. Da Vinci erhielt nämlich den Auftrag für ein gigantisches Werk,
auf das man nach dem großen Erfolg des David die Antwort auf Michelangelo verlangte.“
Michelangelo wählte die Schlacht von Cascina zum Thema das war eine Episode aus dem Krieg
zwischen Pisa und Florenz, bei dem eine Gruppe florentinischer Soldaten beim Baden vom Feind
überrascht wurde, der die am Strand zurückgelassenen Waffen erbeuten wollte. Leonardo hingegen
wollte den Triumph der Florentiner über die Mailänder bei der Schlacht von Anghiari 1440 wieder
aufleben lassen. Somit sind die beiden Rivalen absichtlich bei zwei ähnlichen Ideen in Wettstreit
gebracht worden.
Im Oktober 1503 erhielt Leonardo den Auftrag dem ein Vertrag im Mai folgt 1504. Michelangelo
bekam im Juli 1504 seinen Auftrag, dem genauso kurz danach ein (heute verschwundener) Vertrag
folgte. Der Karton von Buonarotti (Michelangelo) war Anfang 1505 fertig. Der von Leonardo
folgte im April 1505. Somit hatte man es geschafft die beiden Erzrivalen miteinander konkurrieren
zu lassen. Anscheinend hat aber nur Leonardo mit seiner Arbeit an der Wand begonnen, dennoch
wird dieses Projekt im Herbst aufgegeben, woraufhin beide Künstler Florenz verließen.
Leonardo ging 1505 nach Mailand wo der französische König Ludwig XII herrschte. Dort wird er
vom Marschall von Frankreich großartig empfangen, ganz anders als bei seiner damaligen
Rückkehr nach Florenz. Ihm werden gleich mehrere Aufträge vorgeschlagen, wie z.B. dass er
Flüsse kanalisieren soll, ein Reiterstandbild bauen soll, und eine von Gärten umgebene Stadt planen
soll. Dieses Reiterbild hätte ihn für den damals ausgebliebenen Ruhm entschädigt, der ihm 1496
verwährt wurde, da ein Krieg seine Pläne vereitelte. Doch auch dieses Reiterstandbild wird trotz
sorgfältiger Planungen nie fertig gestellt, wieder einmal aus kriegspolitischen Gründen. Dafür
machen seine Entwicklungen vor allem auf dem Sektor der Botanik einen riesigen Fortschritt.
Leonardo ist trotz seiner stattlichen Liquidität sehr sparsam, ihm reichen als Grundnahrungsmittel
Brot, Wein, Pilze und Früchte. Treu seiner alten Angewohnheit lässt er noch immer Vögel frei,
wenn er sie eingesperrt auf dem Markt zum Verkauf bereitgestellt sieht und macht sich nichts
daraus, wenn sich die Bürger über ihn mal wieder das Maul zerreisen. Sein adoptierter Sohn Salai
der nun mit ein paar anderen sein Schüler geworden ist begleitet ihn noch immer, genauso wie ein
der 15 Jährige Francesco Melzi der sich ihm gerade angeschlossen hat und zu einem treuen und
ergebenen Begleiter wird. Leonardo ist, gegen jede neue Mode, noch immer seinem Kleidungsstiel
treu und trägt seine rosa Jacken, die knapp über dem Knie enden.
Durch seine Erforschungen der Himmelskörper und seine malerische Arbeit an der Mona Lisa
erfüllt, erfährt er eine Art zweite Jugend. Als der König Ludwig XII Venedig angreift, ist Leonardo
als Militäringenieur mit dabei. Jedoch wird er in seiner Arbeit wenig beansprucht, so hat er viel Zeit
sich mit Bürgern, die er auf der Reise kennen lernt, zu unterhalten und sich neue wissenschaftliche
Erklärungen, Rezepte und Anregungen zu holen, mit denen sich seine Bücher füllen. Diese für ihn
sorglose Zeit ist vorbei, als die französischen Truppen geschlagen werden und sie Mailand schon
bald aufgeben müssen. 1513 verlässt Leonardo die Stadt Mailand und folgt dem Angebot Kardinals
Giuliano de`Medici nach Rom. Dort wir er großzügig empfangen und darf im Schloss Belvedere
wohnen. Er bekommt ein Laboratorium eingerichtet in dem er nach dem Vorbild Archimedes
Brenngläser herstellen soll.
Außerdem bekommt er von Papst Leo X einen Auftrag über ein kleines Gemälde, als der aber
erfährt, dass sich Leonardo schon wieder etwas anderem widmete, sollte der Papst laut der
Überlieferung von Vasari gesagt haben “O weh! Dieser wird nichts zustande bringen, da er an das
Ende denkt, ehe die Arbeit begonnen ist.“ 1 Womit er recht gehabt hat, denn das Werk wurde
niemals fertig gestellt. Zu Leonardos Unglück stirbt sein Gönner und Bruder des Papstes (Giuliano
de`Medici) schon bald darauf im Jahre 1516. Leonardos einziger Befürworter in Rom ist nun tot. Er
bekommt nun zu spüren, dass er nicht mehr gern gesehen ist in Rom. Deutlich gealtert, verbittert
und unverstanden von seiner Zeit erwartet Leonardo nicht mehr viel von seiner Umwelt. Damals hat
er diesen Satz geschrieben: “Die Medici haben mich geschaffen, die Medici haben mich
vernichtet.“
Nun entschloss sich Leonardo zu seiner letzten Reise, da der neue König von Frankreich Franz I
nach ihm rief. Jener eroberte weite Teile zurück, die sein Vorgänger an die Italiener verloren hatte.
Er bot Leonardo einen Landsitz bei Amboise (im Herrensitz Cloux) und ein solides Altersgeld. Als
Leonardo aufbrach, lies er Salai der ihm nun 26 Jahre gefolgt war zurück. Nur in Begleitung von
Melzi und einem Bediensteten machte er sich auf die weite und nicht ungefährliche Reise, denn im
Gepäck hatte er 3 Gemälde von denen er sich nicht trennen konnte. Über die Gemälde Johannes
der Täufer, Hl. Anna Selbdritt und Mona Lisa klebte er einen kaum bemalten Karton, da er
befürchtete, die Personen, die sie in Auftrag gegeben und bezahlt hatten, würden danach suchen.
Sicher in seinem Landsitz angekommen, wurde er vom König zum obersten Maler und Ingenieur
befördert. Leonardo will noch immer erfinden und forschen, doch er ist zu dieser Zeit müde und
gezeichnet vom Leben. In ihm leben noch so viele Träume und Werke, die er nicht mehr
verwirklichen kann, was ihn mit Leid erfüllt. Er leidet an Rheuma und kann nicht mehr Malen und
hat einen Herzanfall gehabt. Trotz einem gelähmten rechten Arm versucht er mit dem linken weiter
zu arbeiten, denn sein Johannes der Täufer ist noch nicht fertig.
Am 13 April, dem Vorabend zum Osterfest 1519 lässt sich Leonardo, wissend um seinen Tod vom
Notar von Amboise, Guillaume Boreau sein Testament aufnehmen, indem er alle ihm wichtigen
Menschen bedenkt, er legt auch seine Trauerfeier und die Anzahl der Messen und sogar das
Gewicht der Kerzen fest.
Am 2. Mai 1519 stirbt Leonardo, wenn man der Erzählung glauben darf, in den Armen von Francesco Melzi.
3. Leonardo der Künstler
3.1. Einführung Leonardo der Künstler
Für Leonardo war die Kunst in zwei wichtige Säulen gegliedert: Die erste der beiden Säulen war das Malen, mit dem er lange Zeit sein Lebensunterhalt verdiente. Die zweite Säule war für ihn das technische Zeichnen, von dem er sagt, dass es das wichtigste Werkzeug der Wissenschaft sei.1 So behauptete er beispielsweise, dass das Malen der Lehrmeister der Architektur, der Töpferei, der Goldschmiede-, Web-und Stickkunst sei. Aber ohne das technische Zeichnen gäbe es keine Erfindungen keinen Fortschritt und kein Verständnis für fremdes. Für ihn war das technische Zeichnen seiner Erfindungen die Entwicklung, die Kontrolle und die Aufbewahrungsmöglichkeit zu gleich. Er verstand es wie kein Zweiter, Dinge in der Natur zu beobachten und aus ihnen zu lernen. So meinte auch David Rosand: „Leonardo sieht besser mit einer Feder oder einem Stück Kohle in der Hand.“
3.2. Leonardo der Maler
Leonardo gehörte zu der Generation Künstler die ihre Wurzeln in Florenz hatten. Das 14. und 15.
Jahrhundert brachte für Florenz einen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung, der ein
gewaltiges künstlerisches Potenzial beinhaltete. In diesen zwei Jahrhunderten gab es in Florenz
viele Künstlerwerkstätten, die schon damals ein sehr großes Ansehen genossen. Leider begann am
Ende des 14. Jahrhunderts eine Auswanderung vieler Künstler aus Florenz und dies sorgte dafür,
dass die Stadt sehr viel von ihrem Ansehen verlor. „Nie wieder erlangte die Stadt ihre Bedeutung
als künstlerische Hauptstadt zurück, die sie für zwei Jahrhunderte inne gehabt hatte.“ Trotzdem
wird behauptet, dass es dieser italienischen Renaissance gelang komplett Europa mit ihrer Kunst zu
prägen. Diese Kunst erlangte ein Ansehen mit dem keine andere Kunstepoche mithalten konnte.
Einer der beiden wichtigsten Neuerungen in dieser Epoche war die Perspektive. Durch die vielen
Bilder und die große Visualisierung in unserer Zeit scheint die Perspektive für uns ein normaler
Bestandteil des Lebens geworden zu sein. So findet sie sich in sehr vielen Anwendungen wieder
und wir haben fast täglich Kontakt mit ihr. Für die florentinschen Künstler jedoch war die
Perspektive die Möglichkeit die mittelalterliche Optik über den Haufen zu werfen und den
Blickwinkel des Sehens auf das Gemälde zu übertragen. Bei Abbildung 14 handelt es sich um das
Gemälde der Schlüsselübergabe an Petrus. Es wurde von Pietro Perugino, der ebenso wie Leonardo
ein Schüler der Werkstatt des Verrochio war, gemalt und weist eindeutige Effekte der Perspektive
auf. Zu Beginn wurde die Perspektive nur in der Malerei angewandt, aber mit ihr schufen die
Künstler nicht nur ein Instrument zum Malen, sondern es erreichte auch auf dem Gebiet der
Wissenschaft an sehr hoher Bedeutung, da sie konstante Messungen von Größen und Abständen
ermöglichte.
Die zweite wichtige Neuerung war die Idee der Nachahmung der Natur. Dies darf man wiederum
nicht mit der Betrachtung der Natur aus der heutigen Zeit vergleichen. Für die Künstler aus Florenz
bedeutete diese Nachahmung das Erforschen von Naturgesetzen. Danach versuchten sie dann mit
diesen gewonnen Erkenntnissen aus einem Makrokosmos einen Mikrokosmos zu schaffen. Hinter
dieser wichtigen Neuerung steckt sehr viel von Leonardos Forschungen. Er verstand es wie kein
Zweiter, Beobachtungen bzw. Erkenntnisse aus der Natur künstlerisch und wissenschaftlich
aufzunehmen und festzuhalten. Die Abbildung 15 zeigt einen Brombeerzweig der von Leonardo
Farbflecken die dem Gemälde schon in frühen Jahren diese
gezeichnet wurde. Durch das Spiel zwischen Schatten und Licht gewinnt der Zweig, in einer Art die
damals noch unbekannt war, an intensiver Vitalität. Das Malen war für Leonardo eine Art sich in
seiner Umwelt und in der Natur zurechtzufinden.
Historisch gesehen werden nur vier Gemälde eindeutig Leonardo zugestanden. Bei allen anderen
herrscht zwischen den Wissenschaftlern und Historikern ein Disput, ob sie von Leonardo stammen
oder nicht. Bei den vier Gemälden handelt es sich um das Heilige Abendmahl, die Mona Lisa, den
heiligen Hieronymus und die Anbetung der Könige. Die beiden letzt genannten Bilder wurden von
Leonardo leider nicht fertig gestellt. Die Mitarbeit an weiteren Gemälden ist bekannt, doch können
sie von Historikern nicht eindeutig ihm zugeordnet werden.
3.2.1. Das Abendmahl
Das Abendmahl, das heute zu den bekanntesten Gemälden Leonardos zählt, entstand etwa zwischen
1495 und 1497 im Refektorium des Klosters Santa Maria delle Grazie in Mailand. Beim
Abendmahl handelt es sich um ein Wandbild ‘al fresco’. Wie auf Abbildung 17 zu erkennen ist,
wirkt das Gemälde durch die Platzierung und Einpassung, wie eine Verlängerung des realen
Raumes. Auch das real einfallende Licht aus den Fenstern zur linken des Wandbildes wurde von
Leonardo beim zeichnen berücksichtigt. Das Abendmahl ist eine Kombination von Gemaltem und
Tatsächlichem und genau diese Kombination verleiht diesem Gemälde seine einzigartige Wirkung.4
Damals wurden Wandbilder für
gewöhnlich auf nassen Putz
aufgetragen, so konnte sich die
Farbe mit der Mauerschicht
besser verbinden. Leonardo
aber entschied sich für eine
Mischung aus Tempera-und
Ölfarben auf den trockenen
Putz, er erhoffte sich damit
atmosphärische Wirkungen zu
erzielen. Leider konnte diese
Maltechnik der Feuchtigkeit
der Wand nicht standhalten. Es
bildeten sich die Risse und
Unverkennbarkeit verliehen. Schon etwa 50 Jahre nach der Fertigstellung des Abendmahls
beschrieb ein wichtiger Gelehrter das Gemälde mit einem durcheinander von Flecken. Leider sorgte
die Feuchtigkeit der Wand nicht nur für die Flecken und Risse, sondern sorgten auch für den immer
voranschreitenden Prozess des Zerfalls. Erschwerend kam noch hinzu, dass im Zweiten Weltkrieg
eine Bombe nur wenige Meter vom Kloster detonierte. Zwar wurde das Gemälde durch viele
Sandsäcke geschützt, aber es litt trotzdem sehr unter dieser Explosion.
Erst in den letzten Jahrzehnten wurden wieder umfassende Restaurationen durchgeführt. Bei diesen
Restaurationen wurden entweder Teile des Bildes neu übermalt oder die abgeblätterte Farbe neu an
der Wand befestigt. Bei der Übermaltechnik kommt erschwerend hinzu, dass zuerst die Farben von
früheren Übermalungen entfernt werden müssen. Dieses Entfernen erschwert die Genauigkeit der
Arbeit und so verlor das Abendmahl immer mehr an seiner einmaligen, von Leonardo erwünschten,
Intensität.
Das kleine Rechteck das auf Abbildung 18 zu erkennen ist, zeigt einen Teil des Original Gemäldes.
Dieses kleine Quadrat ließ man bestehen, damit man die Beschaffenheit der Oberfläche vor der
Restauration sehen kann.
Das Gemälde zeigt die Szene des letzten gemeinsamen Beisammenseins der zwölf Jünger und
Christies. Dieses letzte Zusammensein war die Gründung der heutigen christlichen Religion.
„Und die Jünger taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Osterlamm. Und am
Abend setzte er sich zu Tische mit den Zwölfen. Und da sie aßen, sprach er: Wahrlich, ich sage
euch: Einer unter euch wird mich verraten. Und sie wurden sehr betrübt und hoben an, ein
jeglicher unter ihnen, und sagten zu ihm: Herr, bin ich´s?“
Genau diesen Moment, hier beschrieben vom Jünger Matthäus, versuchte Leonardo mit seinem
Gemälde festzuhalten. Jesus der in der Mitte des Bildes sitzt, und dessen Heiligkeit durch das drei
geteilte Fenster ihm Hintergrund noch verstärkt wird, ist der einzige Ruhepol im Bild und er
vollzieht bildlich die Handlung des Abendmahls. Alle zwölf Jünger um ihn sind in Bewegung. In
ihren Gesichtern steht Endsetzen, Angst und Unverständnis. Auch die körperliche Gestik
untermauert diese emotionalen Gefühle.3 Leonardo schuf dieses auf den ersten Blick herrschende
Chaos aber nicht ohne Hintergedanken, die Bewegung der Jüngern stammt aus seiner „Studie des
Schocks“, bei der es um die Ausdehnung von Wasser in einem runden Gefäß geht. Diese lebendige
Symmetrie in der Platzierung der Jünger steht im Widerspruch zur stabilen Raumarchitektur und
war deshalb für den damaligen Betrachter so ungewohnt neu und interessant.
Genauso revolutionierte er mit diesem Gemälde die bis dahin übliche Behandlung des Themas. In
bis dahin allen Gemälden über das letzte Abendmahl saß Judas, der Verräter Christi, in der Mitte
des Raumes und meist gar vor dem Tisch. Bei allen bis dahin bekannten Gemälden sollte Judas
sofort erkannt werden. In vielen Bildern sitzt ihm sogar ein Teufel auf der Schulter oder ein anderes
Merkmal lässt schnell darauf schließen, dass es sich bei dieser Person um Judas handelt. Leonardo
aber lies Judas in den Jüngern verschwinden. Bei ihm sitzt er direkt neben Johannes dem liebsten
Jünger Jesus. Es gibt auch kein anderes Merkmal das Judas eindeutig als den Verräter brandmarkt.
Somit schaffte es Leonardo den Verrat fliesend mit dem beginn der Eucharistie zu verbinden.
3.2.2. Mona Lisa
Leonardo malte zwischen 1503 und 1507, als er nach Florenz
zurückkehrte, das Portrait der Mona Lisa. Dies ist nicht nur das
bekannteste Gemälde Leonardos, es ist gar das berühmteste Bild
der Welt. Es wurde mit Ölfarben auf ein dünnes Pappeholz
gemalt. Im Jahre 1625 kam es in den Besitz der königlichen
Sammlungen Frankreichs. Seid 1805 bis zum heutigen Tag ist
das Portrait im Louvre in Paris zu sehen.
Über die Frau auf dem Gemälde wird seit seinem Bestehen
spekuliert. So nehmen einige Forscher an, dass es überhaupt
kein Modell für dieses Portrait gab und Leonardo mit der Mona
Lisa die zu jener Zeit perfekte Frau zeichnen wollte. Andere
wiederum behaupten, dass Leonardo seine Mutter mit diesem
Porträt gezeichnet habe. Und dann gibt es noch die ganz selten
vertretene, bizarre Idee, dass Leonardo sich selbst, in
Frauengestalt, gezeichnet habe. Von all diesen Spekulationen ist
die Wahrscheinlichste, dass es sich bei Mona Lisa um Lisa del Giocondo handelt. Denn durch
gründliche Studien in Archivdokumente und historischen Niederschriften konnte dies zum Teil
belegt werden. Lisa di Noldo Gherardini wurde 1479 in ärmlichen Verhältnissen geboren. Im Jahre
1495 heiratete sie dann den wohlhabenden Kaufmann Francesco del Giocondo. Lisa war
Francescos dritte Frau und beschenkte ihn mit drei gesunden Kindern, zwei Söhne und eine
Tochter. Francesco hatte seinerseits gute Gründe seine Frau portraitieren zu lassen. Im Jahr 1503 als
das Bild in Auftrag gegeben wurde, wurde sein zweiter Sohn geboren. Nach dieser Geburt war ein
Umzug in eine größere Wohnung geplant. Das Gemälde seiner Frau, die ihm diese zwei männlichen
Nachkommen schenkte, sollte als besondere Dekoration, die Einrichtung des Wohnzimmers
ergänzen. Leider bekam Leonardo etwa ein halbes Jahr nach der Beauftragung des Portraits einen
wichtigeren Auftrag. So geriet das Portrait zunähst in Vergessenheit und Leonardo setzte die Arbeit
am Portrait erst ein bis zwei Jahre später fort und konnte es so ohne Zeitdruck vollenden. Dies hatte
zur Folge, dass es Francesco del Giocondo nie zu Augen bekam und sich Leonardo für das Portrait
jede Menge Zeit lassen konnte.
„Die Augen hatten jenen Glanz und zugleich jene Feuchtigkeit, die man jederzeit in der Natur beobachten kann; und herum sah man den bläulichen Schimmer und die Härchen, welche ohne die größte Feinheit sich nicht wiedergeben lassen. […] Der Mund, mit leiser Öffnung und durch das Rot der Lippen verbundenen Mundwinkeln, und das Inkarnat des Gesichts schienen nicht mehr Malerei, sondern wirkliches Fleisch.“2 Mit diesen Worten beschrieb Giorgio Vasari das Portrait der Mona Lisa. Giorgio Vasari, der 1511 zur Welt kam, war ebenso wie Leonardo einer dieser berühmten florentinschen Künstler. Durch seine vielen Niederschriften gilt er als einer der ersten Kunsthistoriker.3 Und genau solche brillanten Texte beeinflussen noch heute den Blick auf das Bild. In diesem Portrait steckt für die damalige Zeit sehr viel Revolutionäres. Auch für Leonardo selber war es ein sehr besonderes Bild. Nur in zwei Portraits lässt er die Person vor einem natürlichen Hintergrund sitzen und sie in die Augen des Betrachters schauen, die Mona Lisa ist eines dieser Portraits. Dies aber sind nicht die einzigen Besonderheiten des Gemäldes.4 Infrarotaufnahmen offenbarten, dass die Tafel mit einer ungeheuerlichen Leichtigkeit des Pinsels und einer perfekt abgestimmten Auswahl der Farben für den Schatten gemalt wurde. Leider verlor das Gemälde durch den feinen Staub, der sich auf dem Gemälde über die Jahre hinweg angesammelt hat, von einer gewissen Transparenz und Leuchtkraft. Aus Angst es zu beschädigen wurde es noch nie restauriert.5 Aber trotzdem entspricht das Portrait, welches im Louvre ausgestellt ist nicht der kompletten Originalfassung Leonardos. Auf beiden Seiten wurden, wann ist nicht genau bekannt, Stücke abgeschnitten. Auf diesen Stücken waren Pfeiler gemalt und sie dienten für eine stärkere Trennung zwischen der Mona Lisa und dem Hintergrund. Auf Abbildung 20 ist der untere Teil des linken Pfeilers zu sehen. Trotz des Verlustes der beiden Pfeiler kann man diese Trennung noch heute erkennen. Die Landschaft im Hintergrund zeigt nahezu alle bekannten Regionen der Welt, vom Berg über Hügel zur flachen Ebene und ebenso trockenes dürres Gebiet, wie einen Fluss. Links ein Weg zum Fluss der auf der rechten Seite über eine Brücke führt. Über diesen Hintergrund wurde sehr spekuliert. So zum Beispiel gibt es die Annahme, dass Leonardo das Wasser als das Blut der Erde sah und die felsigen Berge sollten ihre Knochen sein. Bei dieser Betrachtung würde der Hintergrund unter einem komplett neuen Aspekt an Geltung gewinnen. Man könnte ihn als eigenes Gemälde betrachtet und so würde er zu einer eigenen abgeschlossenen Lebensform werden. Aber nicht nur der Hintergrund sorgte für Spekulationen, sondern auch über das Aussehen der Mona Lisa selbst, ihre Mimik und Gestik, wird noch heute sehr viel diskutiert. Ein Punkt, der wie kein zweiter die Phantasie der Wissenschaftler und Betrachter anregt, ist der Schleier, den sie über ihrem Haar trägt. Manche glauben, dass dieser Schleier Trauer ausdrücken soll und dies würde ihr passives Lächeln abrunden. Aber geschichtliche Nachforschungen über diese Zeit widerlegen, dass der Schleier nicht nur bei Trauer getragen wurde, er kennzeichnete auch den Stand der verheirateten Frau und war ein Sinnbild ihrer Tugend, Keuschheit und Hingabe. Dies wiederum würde bedeuten, dass Leonardo Mona Lisa ohne irgendwelche psychischen Hintergründe gemalt hat.
3.2.3. Heiliger Hieronymus
Obwohl das Gemälde Heiliger Hieronymus zu den vier
gesicherten Werken Leonardos zählt, ist über seine
Entstehungsgeschichte nichts bekannt. Dieses
Gemälde wurde bis 1803 in keinem zeitgenössischen
Dokument erwähnt, abgesehen möglicherweise von
einer Liste die Leonardo um 1482 verfasst hat und in
der einige heilige Hieronymi erwähnt werden. Da in
dieser Auflistung aber von mehreren heiligen
Hieronymui die Rede ist, kann nicht ausgeschlossen
werden, dass dieser nicht unter ihnen war. Trotzdem
führt diese Liste zur Annahme, dass dieses Gemälde
vor 1482 gemalt wurde. Beim Heiligen Hieronymus
handelt es sich um ein Gemälde, dass mit Ölfarben auf
eine Holztafel gemalt wurde. Warum Leonardo das
Gemälde nicht fertig zeichnete ist nicht bekannt. Es
wird behauptet, dass er keine passende Möglichkeit
gefunden hat, um die Gefühle die er in diesem
Gemälde zum Ausdruck bringen wollte, zu malen.
Um das Gemälde Heiliger Hieronymus rankt eine
mysteriöse Geschichte. Das erste Mal wurde es 1803
im Testament der schweizerischen Künstlerin
Angelika Kaufmann erwähnt.2 Nach dem Tod Angelika Kaufmanns verschwand das Bild und
wurde scheinbar in zwei Stücke zersägt. Kardinal Fesch, ein Onkel Napoleons, fand dem Mythos zu
Folge die beiden Teile des Gemäldes auf glückliche Weise wieder. Den ersten Teil, bei dem die
Kopfpartie des heiligen Hieronymus herausgeschnitten war, entdeckte er bei einem Trödler. Das
restliche Gemälde fand er bei einem Schuster, bei dem es als Schemel gedient habe. Kardinal Fesch
lies es dann wieder zusammenfügen und restaurieren. Nach dem Tod des Kardinals kam es in den
Verkaufskatalog aus dem es dann 1854 von Papst Pius IX gekaufte wurde und in die Sammlungen
des Vatikans aufgenommen wurde. Noch heute kann es im Museum des Vatikans betrachtet
werden.
Nach dieser Geschichte stellt sich die Frage wie ein Gemälde Leonardos, dass sogar schon im
Besitz einer so bekannten Kunstsammlerin wie Angelika Kaufmann war, so in Vergessenheit
geraten konnte und warum es zerschnitten wurde. Diese Fragen sind bis heute ungeklärt, sie aber als
Beweis gegen seine Echtheit anzuführen wäre vermessen, denn es ist und bleibt ein Leonardo!4
Hieronymus war ein Kirchenvater, Gelehrter und Theologe der alten Kirche. Er kam 347 in Stridon,
Istrien im heutigen Slowenien zur Welt und lebte bis zum 30. September 420 wo er dann in
Bethlehem starb. Er ließ sich 379 zum Priester weihen, studierte dann in Konstantinopel und wurde
anschließend Sekretär von Papst Damasus I. Er zählt zu den vier Kirchenlehrern des Westens. Sein
berühmtestes Werk ist die Vulgata, eine Bibelübersetzung ins gesprochene Latein.
Mit der Art und Weise wie ihn Leonardo darstellte schuf er eine Bildform, die in den kommenden
Jahrhunderten zum Typus wurde. Hieronymus kniet halb nackt auf dem Boden und schaut als ob er
nach Vergebung bitten würde.2 Manche Kunsthistoriker behaupten, es werde der Moment
festgehalten, in dem Hieronymus mit einem Stein ausholt um sich auf die Brust zu schlagen.
Die anatomische Gestaltung wirft wiederum Rätsel auf. Man sieht eindeutig, dass beim Zeichnen
von Hieronymus Kenntnisse über den Knochenbau und die Muskelbildung vorhanden waren.
Leonardo begann seine Forschungen über die Anatomie aber erst im Jahre 1487, was eindeutig nach
dem Endstehen des Gemäldes war. Dies beweist seine perfekte Auffassungsgabe.
Der Rest des Gemäldes scheint wie ein Durcheinander von Gegenständen und Sachverhalten. Der
Löwe liegt mit geöffnetem Mund vor ihm und schaut als ob er ihm antworten würde. Die Kirche in
der Rechten Ecke des Gemäldes ist zwar mit einer bis dahin ungewöhnlichen Präzision gemalt, aber
steht auch nicht direkt in Verbindung mit den anderen Bildebenen. Auch der Hintergrund, mit dem
blauen Himmel passt nicht zu der Dürre die im Vordergrund des Gemäldes herrscht. Es scheint als
habe Leonardo bei diesem Gemälde ein Problem mit der Verbindung zwischen den einzelnen
Elementen gehabt. Vielleicht wurde auch aus diesem Grund das Gemälde nie fertig gestellt.
3.3. Leonardo der technische Zeichner
Da Leonardo nicht nur ein sehr begabter Künstler war, sondern auch ein Erfinder, Entwickler und
Wissenschaftler zeichnete er nicht nur Gemälde sondern auch sehr viele Skizzen. Er verstand es
sehr gut Dinge die sich in seinem Kopf abspielten mit denen die er in der Naturbeobachtete zu
verbinden. Da er meist nicht nur an einem Projekt arbeitete oder die fertigen Projekte nicht sofort
wieder vergessen wollte, skizzierte er sehr vieles. Mit diesen Skizzen schuf er eine Ansammlung
von Meisterwerken der Ingenieurskunst und der Wissenschaft.
Oftmals behauptete Leonardo auch, dass das technische Zeichnen die Grundlage der Malerei sei.
Erst nach dem man Dinge so skizzieren kann, dass so real wie nur irgend möglich erscheinen, ist
man in der Lage Gemälde zu malen die so authentisch wirken wie
die des Universalgenies Leonardo da Vinci.
3.3.1. Das technische Zeichnen
Unter den technischen Zeichnungen versteht man alle Zeichnung und Skizzen bei denen es Leonardo nicht um die Schönheit oder um die künstlerische Gestaltung geht, sondern um ihre Funktion und ihrer Einfachheit. Leonardo entwickelte viele Maschinen. Leider aber wurden nur wenige Maschinen von Leonardo wirklich gebaut oder gar benutzt. Also konnte er sich bei Weiterentwicklungen oft nur auf seine Skizzen verlassen. Dies war sicher einer der Gründe warum er einen so großen Wert auf die Genauigkeit der Skizzen legte.
Wie heute Bewiesen sind die Skizzen meist so gut, dass ein Nachbau der von ihm entwickelten Maschinen nicht sonderlich schwer fällt. So bauten verschiedene Private Unternehmen Modelle seiner Maschinen auf. Wie auf Abbildung 22 und 23 zu erkenne ist wurde diese Maschine, die beim anheben von Säulen die körperliche Arbeit erleichtern soll, eins zu eins nach dem Entwurf Leonardos nachgebaut. Dieses Model wurde in Berlin auf einer Ausstellung gezeigt. Anhand des Models kann man erkennen das es sich bei den meisten Entwicklungen nicht um utopische Phantasien handelte sondern, dass seine Entwicklung funktioniert hätten.
3.3.2. Die Architektur
In mehreren historischen Unterlagen loben Luca Pacioli, Antonio Billi und Vasari Leonardo als
einen exzellenten Architekten. Leider weisen aber die bislang bekannte Notizen Leonardos nur auf
drei konkrete Projekte hin. Zwischen 1487 und 1490 arbeitete er an Modellen der Kuppel für den
Mailänder Dom. 1490 gab er ein Gutachten über den Bau der Kathedrale von Pavia ab, in welchem
sich viele architektonische Neuentwurfe befanden. 1506 habe er an verschiedenen, heute
unbekannten, Werken für den französischen Statthalter in Mailand gearbeitet.
Viele Historiker behaupten zwar, dass Leonardo ein sehr begabter Architekt gewesen sei, aber da er
in keinen Verträgen über den Entwurf von Bauwerken genannt wird, könnte man ihn nicht als
Architekt bezeichnen.
Die Frage ob Leonardo als Architekt bezeichnet werden kann bleibt umstritten. Aber in vielen
Gemälden erkennt man das Interesse von Leonardo an der Architektur. Auch in verschiedensten
Skizzen sieht man, dass er sich oft mit dem Bau von, meist militärischen, Gebäuden befasste. In
diesen Skizzen erkennt man ebenso, dass er sich oft mit statischen Problemen auseinander setzte.
So entwarf er zum Beispiel eine Brücke die trotz einer großen Spannweite mit sehr schwachen
Pfeilern stabil blieb. Da die Statik zur Architektur zählt und eine wichtige Rolle in der Planung von
Gebäuden spielt, kann man ihm sehr wohl architektonische Interessen unterstellen.
Wie schon erwähnt waren viele architektonische Entwürfe für den militärischen Dienst bestimmt.
Auf Abbildung 24 erkennt man eine Festung, die Leonardo entwarf. Es wird vermutet, dass dieser
Entwurf um das Jahr 1502 für eine Festung in Imola gezeichnet wurde.
4. Leonardo der Erfinder
4.1. Einführung Leonardo der Erfinder
Fast fünf Jahrhunderte sind vergangen, seitdem Leonardo seine Ideen und Entwürfe für Maschinen
aufzeichnete, die helfen sollten, die vielen Aufgaben zu erleichtern, die in seiner Umgebung zu
bewältigen waren. Sein oberstes Ziel war, unter Einhaltung von Gleichförmigkeit und Präzision die
Arbeit schneller und leichter durchzuführen.
Sein Spektrum reichte von Maschinen die die Arbeit erleichtern über zukunftsweisende Wasser-
und Landfahrzeuge bis zu tödlichen Waffen. Ein Grossteil von Leonardo Forschungen auf dem
Gebiet des Maschinenbaus und des Militärwesens ist in den umfangreichen Sammlungen der
Codices Atlanticus und Madrid I enthalten.
Leonardo war ungefähr dreißig Jahre alt, als er den Brief an Lodovico Sforza verfasste, in dem er
ihm seine Dienste und seine vielfältigen Talente anbot. Die Aufzählung der etwa sechsunddreißig
verschiedenen Fertigkeiten, die er dem Herzog zur Verfügung stellte, kann als Maßstab für
Leonardos Interessen zu jener Zeit gelten.
Schon allein diese Tatsache gibt uns einen Eindruck von Leonardos breit gefächerten Interessen
zum damaligen Zeitpunkt. Die Werkstatt des Verrocchio, in der Leonardo arbeite, beschäftigte sich
nicht mit militärischen Angelegenheiten. Man muss daher annehmen, dass Leonardos Interesse für
militärische Probleme durch seine Beschäftigung mit dem Ingenieurwesen und der Mechanik
geweckt wurde, und ihn zum Beispiel die Aufgabe reizte, die Schusskraft von Feuerwaffen zu
erhöhen und neue Kombinationen von Maschinen und Waffen zu entwickeln. Sein Interesse für die
Erhöhung der Wirksamkeit der Maschinen geht aus einer Notiz hervor:“ Die Wissenschaft von den
Werkzeugen und der Mechanik ist die edelste und vor allen anderen die nützlichste, da man sieht,
wie durch ihr Vermögen alle belebten und in Bewegung befindlichen Körper alle ihre Tätigkeiten
durchführen, und der Ursprung dieser Bewegungen liegt im Zentrum ihrer Schwere…“.
Leonardos Begeisterung für die Erfindungen der mechanischen Künste lässt sich nur als Reaktion
auf ihren Nutzen, auf die gleichmäßige Wirkung der in ihren zur Anwendung kommenden
Naturgesetzen und auf die unveränderliche Beständigkeit ihres Verhaltens verstehen: Anders als die
Menschen in seiner Umgebung erfüllten die Maschinen ihre Aufgaben ohne Gefühle, Eitelkeit oder
fremde Beeinflussung. Er wollte durch Experimente mit einfachen Maschinenelementen universale
Gesetze aufdecken und war bestrebt möglichst alles in quantitativen Verhältnissen auszudrücken.
Wenn Leonardo für ein Problem eine mechanische Lösung gefunden hatte, skizzierte Leonardo die
Einzelteile und das Ganze, notierte die Arbeitsvorgänge, legte fest, wo noch weitere Aspekte näher
zu untersuchen waren, und wandte sich dann anderen Problemen zu. Doch keine genügte Leonardo.
Immer wieder entwickelte er neue Vorrichtungen, um dieselbe Aufgabe durch andere Teile oder
andere Kombinationen von Teilen zu bewältigen. Man denke zum Beispiel an seine Suche nach
einem Verfahren zur Umsetzung der geradlinigen Hin-und Herbewegung in eine kreisförmige
Bewegung, eine grundlegende Voraussetzung für alle Maschinenkonstruktionen. Leonardo
zeichnete zahlreiche Vorrichtungen, um dieses Ziel zu erreichen, doch nie gab er sich mit der
gefundenen Lösungen zufrieden. Die meisten der von Leonardo entwickelten neuartigen
Vorrichtungen gehören in den Bereich der Maschinen-und Waffenkonstruktion für den
Landeinsatz. Leonardo hinterließ eine überwältigende Zahl an Zeichnungen zu militärischen
Geräten. Er lebte in einer Zeit des Übergangs, in der die Armeen von Armbrustschützen und
gepanzerten Reitern den Kanonieren wichen.
4.2. Flugwesen
Der Traum vom Fliegen ist möglicherweise schon so alt wie die Menschheit selber, doch niemand
zuvor hat es geschafft, solch überzeugende und durchdachte Entwürfe zu zeichnen, wie Leonardo
da Vinci. Oft, wenn er sich alleine fühlte, zum Entspannen oder auch um sich Anregungen für seine
Malereien oder Ingenieurskunst zu holen, ging er hinaus in die Natur. Dort beobachtete und
studierte er auch genau den Flug der Vögel. Diese Idee kam ihm höchstwahrscheinlich ca. 1480 und
seine Forschungen und Weiterentwicklungen zogen sich mit Unterbrechungen durch sein ganzes
Leben. Er war sicherlich nicht der Erste, der sich über das Fliegen Gedanken gemacht hat, manche
behaupten auch, er habe nur die Zeichnungen und Skizzen anderer Künstler und Erfinder die er
teilweise in Werkstätten oder Lagern gefunden hat, kopiert. Diese Behauptung ist natürlich schlecht
zu widerlegen und selbst wenn sie wahr ist, ist dies für Leonardo keine Schande. Wenn wir mal
betrachten, was zu dieser Zeit vor ihm zum Thema Flug erfunden und gezeichnet wurde, dann
stellen wir fest, dass sie sehr wohl die Idee zum Fliegen hatten, sich aber nicht genügend mit ihrer
Idee auseinandersetzten. Leonardo war also der Erste, der sich tiefer mit dieser Art von
Fortbewegung befasste. Die Idee hat er evt. von anderen Künstlern übernommen, doch seine
Anregungen zur Verwirklichung dieser holte er sich aus der Natur. So versuchte er den Vogelflug
zu kopieren. Seine Studien befassten sich jedoch nicht nur mit den Vögeln, er beobachtete sehr
wohl auch andere fliegende Geschöpfe, wie z.B. die Libellen und Fledermäuse. Inspiriert von ihnen
stellte er seine ersten Zeichnungen zum sog. Ornithopter fertig. “Ein Ornithopter ist ein
Schwingflügler-Flugzeug, das sich durch Bewegung der Tragflächen fortbewegt.“ 2 Diese
Zeichnungen wurden über Jahre hinweg von ihm verfeinert und verbessert. Was ihn seinen
Vorgängern gegenüber hervorhebt. Das Prinzip bleibt aber gleich und soll wie folgt funktionieren:
Der Mensch der in der Mitte des Fluggerätes befestigt wird, bewegt mit seinen Füßen ein Pedal, das
über Umlenkungen und evtl. mit Hilfe einer Übersetzung die Flügel nach unten schlagen lässt.
Durch eine ähnliche Vorrichtung und mit Hilfe der Armbewegung sollen sich die Flügel wieder
nach oben bewegen. Das größte Problem, welches auch von Leonardo festgestellt wurde, war die
entsprechende Aufwendung der nötigen Kraft, um dieses schwere Gerät, samt des „Piloten“ in der
Luft zu halten, bzw. überhaupt abheben zu lassen.
Später entwickelte er eine Flugmaschine, die auf dem Prinzip des Gleitflugs funktioniert. Er wollte
eine Maschine entwerfen, die der Luft genügend Widerstand mit Hilfe einer dementsprechenden
großen Fläche bietet. Ein entsprechendes Zitat vom Meister persönlich zeigt den Enthusiasmus, mit
welchem er dieses Projekt angegangen ist, bzw. wie sehr er vom Fliegen geträumt hat. „Es wird
seinen ersten Flug nehmen der große Vogel vom Rücken des riesigen Schwanenhügels (bei Florenz)
aus, das Universum mit Verblüffung, alle Schriften mit seinem Ruhme füllen, und ewige Glorie wird
sein Neste, wo er geboren ward.“ 3 Seine Flugobjekte wurden niemals realisiert. Wenn er auch
damals aus Sicherheitsgründen einen Testflug über einer Wasseroberfläche empfahl, so war er sich
der Flugtauglichkeit selbst nicht sicher. Seine Leistungen für die folgende Pionierarbeit auf dem
Sektor des Fluges sind sehr fraglich, da zum einen seine Zeichnungen erst später wieder
aufgefunden wurden, als andere die Flugtechnik schon verbessert hatten. Doch was unbestreitbar
ist, ist der Erfolg seiner vielen Nebenerfindungen, die er zu seinen Flugapperaten entworfen hat,
wie z.B. einen Flughöhenmesser, Windgeschwindigkeitsmesser und verschiedene Arten von
Kraftumlenkungsgelenken.
Ihm wird auch nachgesagt, das erste Modell eines Hubschraubers erfunden zu haben.
Jedoch ist zu vermuten, dass Leonardo dieses Objekt, das von 4 Männern in Bewegung gesetzt
wird, eher entworfen hat, um die Wirkung von Schrauben zu untersuchen.
Das einzige „Flugobjekt“ welches Leonardo entworfen hat und welches auch tatsächlich zum
Fliegen, bzw. zum Gleiten taugt, ist sein Fallschirm.
Da er sich viele Gedanken über das Fliegen gemacht hatte, dachte er auch darüber nach, aus
beliebiger Höhe z.B. von einem Turm oder hohen Berg abzuspringen ohne körperlichen Schaden zu
nehmen. So entwarf er nach gründlichen Überlegungen seinen Fallschirm. Bei seinen
Aufzeichnungen ist vermerkt: „Wenn ein Mensch ein Zeltdach aus abgedichteter Leinwand, das 12
Ellen breit und 12 Ellen hoch sein soll, über sich hat, so wird er aus jeder noch so großen Höhe
herabstürzen können, ohne Schaden zu nehmen.“ 2 Interessant finde ich daran, dass sich ein Brite,
trotz der Tatsache, dass ihm Fachleute davon abrieten, getraut hat, dieses Ding nachzubauen und es
erfolgreich zu testen.
„Adrian Nicholas (38), britischer Fallschirmspringer, hat nach einem Pressebericht den Beweis dafür erbracht, dass Leonardo da Vinci im Jahre 1485 den ersten funktionstüchtigen Fallschirm erfunden hat. Nicholas und Freundin Katarina Ollikainen bauten den pyramidenförmigen Entwurf des italienischen Alleskönners aus Segeltuch und Pinienpfählen nach. Fachleute nannten das Gebilde flugunfähig und rieten Nicholas dringend von dem Versuch ab. Doch der Londoner bewies das Gegenteil. Über Südafrika sprang er in über 3000 Meter Höhe mit dem Leonardo-Fallschirm aus einem Ballon ab. Ganz sanft glitt ich abwärts, ohne Wackeln und Drehen, berichtete er anschliesend.“
Leonardos Traum vom Fliegen war für die damalige Zeit revolutionär, wobei seine Forschungen dazu leider nicht revolutionär waren. Erstens wurden sie zu spät wieder entdeckt, dass jemand aus seinen Studien hätte profitieren können und zweitens ist der Flug von Ornithopter trotz Hilfe neuester Technik unrealistisch. 4“Der Grund, weshalb sich Ornithopter im bemannten Flug bisher nicht durchsetzen konnten, liegt besonders darin, dass der Rumpf auf Grund der Flügelbewegungen mitschwingt. Außerdem ist der Wirkungsgrad gegenüber einem konventionellen Flugzeug bedingt durch den starken Anstellwinkel geringer.“
4.3. Wasser und Landfahrzeuge
Ein sehr wichtiges Kapitel seiner Erfindungen ist ganz gewiss das, in dem er sich mit der Konstruktion von Wasser-und Landfahrzeugen befasst. Die Wasserfahrzeuge muss man generell in zwei Bereichen unterteilen, zum einen in den Bereich der Maschinen deren Aufgabe es ist, dass Flussbett auszuheben oder zu verbreitern, zum andern entwickelte Leonardo am Antrieben für Boote. Leonardo entwarf verschiedenartige Baggermaschinen, mit denen man Schlick und Schlamm aus Kanälen und befahrbaren Flüssen gebaggert werden konnte. Dieses „Gerät zum Ausheben der Erde„6 ist zwischen zwei Lastkähnen montiert, die ihm, ähnlich wie bei einem Katamaran neuer Zeit, Standfestigkeit geben. Das Zahnrad wird durch eine Kurbel oder Winde an der Achse gedreht. Um dieses Zahnrad sind vier Schaufeln angeordnet, die nacheinander eine Ladung Schlamm aufnehmen, Weiterbefördern und schließlich in einen Lastkahn kippen. Durch einen Pfahl wird der Schwimmbagger an seinem Standort gehalten und können zur nächsten Einsatzstelle versetzt werden.
Eine weitere Zeichnung ist die eines Hafenbaggers deren Aufgabe es ist in großen Tiefen das Erdreich auszuheben. Das ausbaggern der Hafenanlagen, für die Hochseeschiffe die teilweiße einen Tiefgang bis zu 5 m haben konnten, war besonders wichtig für das fast gezeitenlose Mittelmeer. Der lange Bagger war mit zahlreichen Ankern ausgestattet, durch die er im Grund verankert wurde, damit er der Zugkraft eines großen kastenartigen Baggereimers standhielt. An seiner offenen Vorderseite war der Eimer mit Zinken bestückt, die an Pflugscharen und Messer erinnern, und die Rückseite war mit löchern versehen, so dass das Wasser hindurchfließen konnte. Der so genannte Pflug wurde nun über die Stelle gezogen, von welcher der Schlamm abgetragen werden sollte. Mit der linken Ankerwinde des Baggers wurde der Pflug bis unter die zweite Ankerwinde gezogen, die den Pflug aus dem Wasser hochzog, so dass seine Ladung in einen Lastkahn gekippt werden konnte.
Gerade auf einem Gebiet wie dem
Schiffsantrieb musste Leonardo das Fehlen
eines leicht regelbaren Antriebes als
besonders nachteilig empfinden. Alternativen
zur Muskel-, Wind-oder Wasserkraft waren
für ihn nicht wirklich vorstellbar, und deshalb
suchte er nach Möglichkeiten, sie besser
nutzbar zu machen. Es war von strategisch
weitreichender Bedeutung, wenn sich ein
Boot unabhängig vom Wind fortbewegen
könnte. Im Codex Atlanticus und Manuskript
B finden sich zahlreiche Entwürfe für Boote
mit mechanischem Antrieb. Diese zwischen 1495 und 1500 entstandene Zeichnung beweist, dass
Leonardo Militäringenieure wie Taccola, Valturio und Francesco di Giorgio, um einige zu nennen,
die alle in ihren militärischen Handschriften Boote mit Schaufelradantrieb darstellen, weit hinter
sich gelassen hatte.Das hier dargestellte Schaufelradboot, dass durch eine Kurbel angetrieben wird,
gehört zu einer ganzen Reihe ähnlicher Zeichnungen, die auf ein Blatt im Codex Atlanticus
skizziert sind. Die Schaufelräder werden durch eine Innenbord-Kurbel in Gang gesetzt, die mit
einem großen Schwungrad verbunden ist, um die Todpunkte des Kurbeltriebes leicht zu
überwinden. Da das Schwungrad eindeutig das Boot in der Mitte teilt, wäre das andere Schaufelrad
durch eine zweite Kurbel anzutreiben. Durch das zwischen Kurbel und Schaufelradachse gesetzte
Getriebe erreicht man, dass sich das Schaufelrad schneller dreht als die Kurbel. Dieses Getriebe ist
deutlich in der Nachbildung eines solchen Bootes ohne das Schwungrad zu sehen.
Auf einem andern Blatt im Codex Atlanticus zeichnete Leonardo einen sinnreichen Mechanismus,
um eine hin-und hergehende Bewegung in eine Kreisbewegung umzusetzen: eine Ankerwinde wird
durch Hin-und Herbewegen eines Hebels gedreht. Dieser Mechanismus wurde beim dieses großen
Bootes angewandt, um die Schaufelräder durch zwei Tretvorrichtungen in Gang zu setzen. Durch
das Auf-und Niedertreten der Pedale setzt sich der um die mittlere Walze führende Riemen in
Bewegung, und indem das Walzgetriebe in die Zahnräder greift, werden die Schaufeln angetrieben.
Ein in die Zahnräder eingebaute Speere sorgt dafür, dass sich die Schaufeln immer in der gleichen
Richtung bewegen. Versehen mit einer Steuereinrichtung, wäre ein Boot dieses Antriebssystems bei
einem Seegefecht von Vorteil gewesen, da man es unabhängig vom Wind einsetzen konnte. Ohne
Kenntnis einer neuen Primärkraft ist dies praktisch das Äußerste, was Leonardo mit seinen
Kenntnissen der Mechanik beim Schiffsantrieb möglich war.
Auch auf dem Gebiet der Landfahrzeuge setzte Leonardo Maßstäbe. Er wurde immer von einem
Gedanken angetrieben, neue Fahrzeuge zu entwickeln oder bestehende Fahrzeuge so zu verbessern,
um den Arbeitsaufwand zu erleichtern oder ganz neue Wege zu gehen. Ein erstaunlicher
Durchbruch in Leonardos Denken offenbart sich in dem Entwurf eines Wagens mit Eigenantrieb. Es
handelt sich um einen leichten Karren, der nach Art des Dreirades drei Räder unter dem
Wagenkasten besitzt, ein weiteres Rad ist dem Wagen vorangestellt, es dient der Steuerung mittels
Steuerknüppel. Das eigentliche Neue gegenüber vielen andern Zeichnungen von Fahrzeugen in
seinen Manuskripten ist sein Antriebssystem: wie beim modernen Federwerk ist die zur Bewegung
erforderliche Kraft im Wagen selbst gespeichert. Durch die in einem Federantriebssystem
gespeicherte Energie konnte sich das Fahrzeug ohne Muskelkraft bewegen. Obwohl es wie ein
Vorläufer des Automobils anmutet, war es eigentlich für militärische Zwecke konzipiert, da es sich
ohne Pferde bewegen konnte, die im Kampf leicht verwundbar waren.
5. Leonardo und die Anatomie
5.1. Einführung in die Anatomie
Leonardos Studium der Anatomie folgt logisch aus dem Bestreben, den menschlichen Mikrokosmos zu erklären. Die Zeichnungen zu Leonardos Forschungen und Betrachtungen auf diesem Gebiet, mit schriftlichen Kommentaren, wurden von ihm am Ende seines Lebens in drei Manuskripten mit insgesamt fast dreihundert Blättern gesammelt. Die meisten davon (215) befinden sich jetzt in der Königlichen Sammlung in Windsor; vorher waren sie in Spanien, nachdem Francesco Melzi, Leonardos „geistliches Erbe“, sie nach Madrid gebracht hatte. Die anderen Blätter sind verstreut auf die Bibliotheken vom Turin und Mailand, die Akademie von Venedig, das British Museum und das Institut de France. Das ganze Werk entstand zwischen 1489 und 1513, danach wurde der Künstler von einer Nervenkrankheit befallen, die in seinen letzten Lebensjahren allmählich zur Lähmung seiner linken Hand führte. Es muss aber angemerkt werden: Leonardo hat weder die anatomische Forschung noch die anatomische Zeichnung erfunden. Nach den Anfängen im griechischen und römischen Altertum gab es im Mittelalter zahlreiche Versuche, übrigens in zwei ganz verschiedene Richtungen, einerseits die der Arzte, die nach und nach die Überbleibsel der Anatomie entdeckten und in den medizinischen Schulen lehrten, andererseits die der Künstler, denen es nur um das Studium der Körperproportionen in Sinn des traditionellen klassischen Schönheitsideals ging. Vor Leonardo aber blieben diese Arbeiten auf ein stereotypes, oberflächliches Studium der wenigen zur Verfügung stehenden Leichen beschränkt, in konventionellen Zeichnungen von „Gehäuteten“ wurden die Kenntnisse jener Zeit zusammengefasst, die nicht über eine subkutane Oberflächen-Anatomie hinausgingen und nur die Muskelstruktur zeigten. Leonardo ging aber weiter. Er begnügte sich nicht mit dem Studium der Oberfläche und nahm die Anatomie der inneren Organe in Angriff, erforschte die Eingeweide und ihre Struktur. Dann erwartete er, indem er den menschlichen Körper mit einer Maschine verglich, von der Anatomie eine Erklärung der Körperfunktionen zu erhalten. Wenn er sich nur aus künstlerischen Gründen für die Anatomie interessiert hätte, dann hätte er sich nicht in solchem Maß mit der Analyse der inneren Organe und ihrer Funktion zu befassen brauchen. Welche Mittel hatte er für seine Forschungen? Gewiss hielt er sich an existierende Arbeiten aus der Vergangenheit, aber er fand keine Antworten auf seine Fragen. Er musste also die Arbeit aufnehmen und seine Beobachtungen und Auffassungen immer wieder neu überarbeiten.Er stand in Verbindung mit berühmten „Anatomen“ seiner Zeit, insbesondere an den Universitäten Padua und Mantua, und nahm wahrscheinlich an offiziellen medizinischen Sezierungen teil. Aber er führte aus selber Sezierungen durch. Es ist bis Heute nicht sicher was für Leichen er dafür verwendet hat. Es wird vermutet, dass er Leichen von Hingerichteten zur Verfügung gestellt bekam. Hingegen ist erwiesen, dass Leonardo, wie es in der damaligen Zeit üblich war, reichlich an Tieren zu forschen und die Ergebnisse auf den Menschen zu übertragen-das ist die Hauptquelle der Fehler in seinen Aufzeichnungen.
5.2. Beobachtungs-und Skizziertechnik
Um so exakte Zeichnungen des menschlichen Körpers zu skizzieren war es damals noch wichtiger den Körper genau zu beobachten und in folge eine genaue Zeichnung anzufertigen. Leonardo gliederte seine Untersuchungen in drei Etappen:
1. Beobachtung, Sezierung, dann möglichst genaue Skizze aus verschiedenen Blickwinkeln und – Längs – und Querschnitte. Die Technik des Bronzegießens genial ausnützend, fertigte Leonardo Wachsabgüsse von hohlen Organen an, um deren Untersuchungen zu erleichtern. Leider konnte er sie vorher nicht fixieren, was die Deformation erklärt.
2. Interpretation der Beobachtungen: in funktioneller Hinsicht, durch Vergleiche mit der Mechanik; und im psychologischen Sinn, durch einen Versuch, mit den anatomischen Gegebenheiten bestimmte Gefühle, Empfindungen und Gedanken zu verbinden. Man hat immer schon versucht, für den Umstand des Lebens und der Seele eine materielle Grundlage zu finden.
3. Verifizierung der Interpretation, sofern möglich, durch Experimente mit Hilfe von Modellen und Rekonstruktionen, zum Beispiel für die Atmung, das Sehen, das Hören und den Blutkreislauf. All das war natürlich mit Irrtümern und Mängeln verbunden, aber es ist erstaunlich, dass es so wenige sind.
Man darf nicht vergessen, wie groß die Hindernisse waren. Da war einmal die schon erwähnte Schwierigkeit der Beschaffung menschlicher Leichen, die Leonardo zu gewagten Schlussfolgerungen aus tierischen Objekten zwang, denn meist sezierte er Tiere (Hund, Pferd, Rind, Schwein). Außerdem fehlt ihm die Fachterminologie, des wegen er Muskeln, Nerven und Organe mit Ziffern und Buchstaben bezeichnet. Vor allem aber bildeten die vorgefassten Meinungen jener Zeit einen Komplex falscher Vorstellungen.
5.3. Kopf und Schädel
Leonardo waren die Detailzeichnungen des Kopf und des Schädels sehr wichtig. Die Köpfe für
seine Untersuchungen erhielt er von Hinrichtungen, die in der Zeit um 1500 an der Tagesordnung
waren. In anatomischer Hinsicht ist die Schädeldecke hervorragend wiedergegeben, im Querschnitt
und in Perspektivansicht. Erstmals sich Stirnhöhle und Kiefernhohle, bis dahin unbekannt, richtig
dargestellt, desgleichen die Hirnhäute, die weiche Pia Mater die unmittelbar am Gehirn anliegt, die
harte Dura Mater die die Schädeldecke auskleidet.
Alle Schädelnervenpaare sind am richtigen Ort. Leonardo studierte auch die Gesichtsmuskeln in
einer noch nie da gewesenen Exaktheit. Jeder Muskel wird analysiert, nicht nur seiner Morphologie
und Lage, sondern auch in seiner Funktion, damit wird der Mechanismus der die Gefühle
ausdrückenden Mimik erklärt.
Eine weitere wegweißende Neuerung war, dass Leonardo die Hirnkammern als erster richtig
beschrieben hat. Durch das injizieren von Wachs in die Höhlungen konnte er genaue
Beschreibungen anfertigen. Das große Interesse für die Hirnkammern erklärt sich aus dem
Bestreben, die wichtigen Elemente des menschlichen Denkens zu lokalisieren: Gedächtnis,
Aufmerksamkeit, Phantasie, Erkenntnis, Überlegung, Willen und sogar der Sitz der Seele wurden
von Leonardo in bestimmten Regionen am Boden der dritten Kammer vermutet.
Das Auge wurde von ihm genau studiert und seziert. Leonardo hat ganz richtig eine optische Linse
erkannt, die das Bild eines Gegenstandes verkehrt auf die Netzhaut wirft.
5.3.1. Anatomische Irrtümer Kopf und Schädel
Leonardo vergaß bei den drei Hirnhäuten die Spinnwebenhaut die an der harten Hirnhaut (Dura mater) anliegt. Das vierte Paar der Schädelnervenpaare der „Patheticus“ fehlt, aber dessen Fehlen verwunderlich ist, denn dieser den Augenausdruck steuernde Nerv hätte für Leonardo besonders von Bedeutung sein müssen. Auch das Gehör und der Geschmack (trotz der sorgfältigen Untersuchung des Mundes und der Zunge) noch der Geruchssinn sind Gegenstand besonderer Studien. Es wird vermutet, dass Leonardo das Zentrum der Sinneswahrnehmungen im Gehirn vermutet und für ihn die Wichtigkeit der Sinnesorgane keine Rolle spielte.
5.4. Obere Gliedmaßen
Für Leonardo waren das Studien der menschlichen Gestalt von größter Wichtigkeit für seine
bildlichen Darstellungen in seinen Bildern. Deshalb muss man sich nicht wundern, dass er die
Knochen und Muskeln in einer zur damaligen Zeit noch nicht gekannten Genauigkeit darstellte. Die
langen Röhrenknochen sind genau so gezeichnet, wie man es auch heute noch macht, auch in ihrer
inneren Struktur. Bei den Gelenken sind die Kapseln und Bänder an der Richtigen Stelle. Die
Muskeln sind mit großer Sorgfalt beschrieben, ihre Ansätze, ihr Verlauf und ihr Relief sind präzise
gezeichnet. Zeichnungen von Querschnitten zeigen die Verbindungen der Muskelfasern
untereinander und mit den Nervensträngen. Auch die Darstellung der Handsehnen, die als Schnüre
gezeichnet sind und das Vorbild für einen Mechanismus zur Betätigung von Klarinettenklappen
abgeben. Und auch die genaue Bestimmung des Verlaufs der Nerven von den Armen zur Hand und
zu den Fingern, gilt bis heute als richtig.
Das besondere Interesse für die Demonstration der Muskeln entspringt dem Wunsch des Künstlers,
den Mechanismus der Körperhaltungen zu erklären. Für Leonardo ist der Knochen ein Hebel, der
Muskel das Zugseil und das Gehirn, von dem der Nerv nur eine Verlängerung ist, der Motor. Man
kann also sagen, Leonardo vergleicht die menschlichen Bewegungen mit der physikalischen
Mechanik.
5.4.1. Anatomische Irrtümer Obere Gliedmaßen
Leonardo vernachlässigte die genaue Beschreibung der Venen und auch das Geflecht der Muskelfasern, trotz ihrer chirurgischen Bedeutung.
5.5. Herz und Gefäße
Mit diesem Kapitel befasste sich Leonardo besonders intensiv. Er arbeitete über fünfzig Blätter aus
und seine Fortschritte zwischen seiner ersten und seiner letzten Zeichnung sind beachtlich. Zu
beginn ging er von einem rückständigen Herzen mit zwei Kammern aus, aber nach etlichen Studien
kam er schließlich zu vier Herzkammern, die er mit einer hohen Genauigkeit wiedergibt. Leonardo
war als Künstler offenbar fasziniert von der Funktionsweise des Herzens. Er sah auf der einen Seite
eine einfache Pumpe, anderseits eine Ähnlichkeit zu Ebbe und Flut. Als erster studiert er im Detail
die Herzklappen, zeichnet sie unermüdlich immer wieder aufs Neue und beschreibt sie dann als
vollkommene Ventile. Außerdem entdeckt, studiert und zeichnet er Fasern, Stützen und andere
anatomische Eigenheiten der Herzkammern und erklärt die Entstehung der „Lebenswärme“ aus der
Reibung des Blutes an den Unebenheiten des Gewebes. Er war der erste der einen
Herzklappenfehler als Krankheitsursache vermutete. Leonardo war sogar in der Lage Abgüsse und
Modelle von der Aorta und den Herzkammern samt Ventilen herzustellen und ihre Funktion zu
erklären. Er erkennt ganz genau die Herzkrankgefäße. Und durch eine glückliche Fügung hatte er in
Florenz die Möglichkeit den Leichnam eines plötzlich verstorbenen Hundertjährigen zu sezieren.
Darauf hin beschreibt er mit genialer Klarsicht als erster eine atheromatose Verletzung und akute
Arterienverstopfung, damit schafft Leonardo die Grundlage für die anatomische Pathologie.
Außerdem hat Leonardo nicht nur den Blutkreislauf in den großen Adern, sondern auch als erster
den Kreislauf in den Kapillaren entdeckt und deren Bedeutung erkannt.
5.5.1. Anatomische Irrtümer Herz und Gefäße
Die großen Blutgefäße sind zum Teil falsch beschrieben, weiter scheint Leonardo manchmal Arterien und Venen zu verwechseln. Alle gehen vom Herzen aus, und er glaubt, dass das Blut in ihnen einmal zum und einmal vom Herzen fließt.
Der PDF-Download beinhaltet zusätzlich das ausführliche Literatur- und Quellenverzeichnis.