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Hochgeladen am 24.08.2004 von Hboke18
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Das Ende der Hexenverfolgungen
Höhepunkte der Hexenverfolgung
Der Hexenwahn erreichte seinen Höhepunkt in den Jahren von 1620- 1640. Dies
steht im Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), der durch
seinen gewalttätigen und langjährigen Verlauf zu einer Brutalisierung des
Volkes führte und so eine gesenkte Hemmschwelle gegenüber Malefizprozessen
gegen vermeintliche Hexen bewirkte.
Die Kriegshandlungen zwangen die Landesherren, ihr Augenmerk auf das Militär zu
richten und so vernachlässigten sie oftmals ihre Aufsicht über die Justiz in
ihrem Herrschaftsbereich.
Dort, wo der Hexenwahn im 15. Jahrhundert seinen Ausgang nahm, nämlich in
Frankreich und Norditalien, lagen auch weiterhin die Zentren fanatischer
Verfolgungen. Von hier aus verbreitete sich die Bewegung nach Norden Richtung
Deutschland und strahlte von hier aus auf die europäischen Nachbarländer aus.
So wurde Deutschland zum Kernland des frommen Wahns. Seit dem Ende des 16.
Jahrhunderts kam es an den Flüssen Rhein, Main und Mosel zu Verfolgungen
ungeahnten Ausmaßes: Die Bischöfe von Bamberg, Würzburg und Köln hatten den
Entschluß gefasst, die "Hexensekte" sollte komplett ausgerottet
werden. Die Welle der Gewalt forderte in den drei Bistümern 2500 Tote. Weder
Pabst noch Kaiser konnten das sich in Briefen an sie wendende Volk vor dem
mörderischen Eifer der Verantwortlichen bewahren.
Opfer waren Angehörige aller gesellschaftlichen Schichten, aller Altersgruppen.
Gegner der Prozesse - Gegner der Dämonologie
Gegner der Hexenverfolgung hatten es schwer, sich gegen die Wucht der
öffentlichen Meinung durchzusetzen. Zur Zeit der Reformation und der
europäischen Glaubenskriege war unter der Bevölkerung die schnelle und
starre Parteinahme Normalität geworden, Andersdenkende wurden ausgegrenzt und
liefen Gefahr, Verdacht zu erregen.
Einer, der trotzdem Protest wagte war der holländische Arzt Dr. Johannes Weyer.
(1515-1588) Er stand unter dem Schutz eines liberalen Fürsten. In seinem 1563
erschienenen Buch "Von den Blendwerken der Dämonen" vertrat er die
These, die Lehre von der Existenz der Hexen und Dämonen sei eine Täuschung
durch den Teufel, um die Menschen gegeneinander aufzubringen und sie zur Sünde
gegen die Gebote Gottes zu verführen, nämlich die Ermordung unschuldiger
Mitchristen.
Gegner der Hexenverfolgung waren Geistliche und Juristen, die ihre Schriften
oftmals unter falschem Namen oder anonym veröffentlichten, weil sie durch die
Inquisitoren gefährdet waren, die sie als Advokaten des Teufels verfolgten.
Ausschlaggebend in der Argumentation der Richter und Ankläger bei der
Urteilsverkündung
waren oftmals die Geständnisse der Verdächtigen. Diese waren unter Folter
gemachte Eingeständnisse, die den Gefolterten in Momenten größter Schmerzen und
Verzweiflung in den Mund gelegt wurden.
Viele der Gegner der Hexenverfolgungen hatten durch ihre berufliche
Tätigkeit unmittelbaren Kontakt zu den Beschuldigten, so dass sie nicht den
Gerüchten und Lügenmärchen über die Betroffenen alleine ausgesetzt waren,
sondern sich auch ein objektives Bild von der Person und ihrem durch die Justiz
entstandenen Leiden machen.
Der Jesuitenpater Friedrich Spee von Langenfeld war mit der seelsorgerischen
Versorgung im Kurfürstentum Köln betraut und kam dabei zu der Einsicht, dass
keine der ihm als "Hexe" vorgestellte Frauen oder kein
"Zauberer" wirklich der Verbrechen schuldig war, die ihnen
vorgeworfen wurden . Vielmehr waren sie geschundene, entwürdigte Gestalten, die
oftmals noch im Moment ihrer Hinrichtung Gott um Erlösung anflehten. Als Gründe
für die Aggression seiner Mitmenschen gegen die vermeintlichen Hexen sah von
Langenfeld
"Aberglaube und Unwissenheit, Neid und Missgunst".
Friedrich Spee von Langenfeld verfasste 1631 die "Cautio Criminalis"
Hier dokumentierte von Langenfeld seine Erlebnisse und bezog eine regierungs-
und kirchenkritische Position:
"Und vor allem will ich den Fürsten klarmachen, dass das eine
Gewissenspflicht ist, um derentwillen nicht nur sie selbst, sondern auch ihre
Ratgeber und Beichtväter vor dem höchsten Richter werden Rechenschaft ablegen
müssen."
"Bei den Christen sollte die Folter so wenig zu treffen sein als die
Sclaverei".
Nach dem geltenden Reichsrecht war die Folter nur einmalig und nur aufgrund von
Zeugen und Indizienbeweisen erlaubt. Nach der für Malefizprozesse geschaffenen
Rechtssprechung des "Hexenhammers" war dieses Recht jedoch außer
Kraft gesetzt worden und die Verdächtigen konnten nach Ermessen der Richter
weitergefoltert werden, bis alle Verhörergebnisse den Erwartungen der
Verhörenden entsprachen.
1691 erschien das zweibändige Buch: "Die bezauberte Welt",
geschrieben von dem holländischen Prediger Dr. Balthasar Bekker. (1634-1698)
Er behauptete, der Glaube an Hexen und an die ihnen zugesprochene Macht sei
eine Gotteslästerung, weil sie die Allmacht des Gottes in Frage stelle.
Eine weitere Leitfigur der Aufklärung gegen den Hexenwahn war der
preußische Philosoph und Rechtsprofessor Christian Thomasius (1655-1728), der
die Auffassung vertrat, jeder Mensch habe ein Recht auf Leben, Eigenständigkeit
und Glück. Seine Ideale waren die Vernunft und die Zweckmäßigkeit, weswegen er
eine Trennung von Religion und Gesetzgebung forderte. 1704 formulierte er diese
Forderungen in seiner Abhandlung "Kurtze Lehrsätze von dem Laster der
Zauberey". Thomasius, der als Gelehrter großes Ansehen genoß und dessen
ehemalige Schüler in einflussreiche Positionen aufgestiegen waren, hatte mit
seinen Mahnungen zur Vernunft Erfolg: 1706 schränkte der preußische König
Friedrich I. die Hexenprozesse stark ein, sein Nachfolger forderte seine
persönliche Zustimmung zu jeder Verurteilung, wodurch die Malefizprozesse in
Preußen praktisch abgeschafft waren.
Nach und nach setzte sich der Gedanke der Aufklärung in den größeren
europäischen Staaten durch; in England wurden 1736 die Hexengesetze komplett
aus den Gesetzbüchern gestrichen, 1740 wurde in Preußen und Österreich die
Folter verboten.
Wie von den Kritikern der Folter voraus gesehen, endeten mit ihrem Verbot auch
die verzweifelten Geständnisse der Opfer. Fortschritte in den Naturwissenschaften
und der Medizin machten nach und nach viele Ereignisse und Krankheiten
verständlich und mit den Mitteln der Vernunft bekämpfbar und so begann sich die
Furcht vor einer für alle Übel verantwortlichen Hexensekte zu legen.
In Bayern, der Schweiz und im württembergischen Raum kam es zwar zwischen 1715
und 1749 erneut zu blutigen Hexenjagden, die jedoch die letzten größeren waren.
Die letzte als Hexe zum Tode verurteilte Frau auf deutschem Boden war Anna
Maria Schwägel. Sie wurde am 30. März 1775 hingerichtet.
In der Schweiz wurde 1782 die Dienstmagd Anna Göldi wegen der Krankhexung der
Tochter ihres Herren geköpft. Sie war das letzte Opfer der Hexenverfolgungen in
Europa.